Turin - verstecktes Juwel

Turin – verstecktes Juwel

900 km/10 Autostunden sind es von Köln nach Turin – ungefähr so weit, wie nach Riva del Garda. Die Route über den Tunnel des Großen Sankt Bernhard ist aber entspannter.

Turin ist lässig. Die Leute sind unaufgeregt und sehr freundlich. Das Motto „pissa pi curt“ / „pisci più corto“/ „übertreibe nicht“ beschreibt recht gut die Einstellung.

Man geht raus. Gefühlt gibt es die größte Café-Dichte hier. Nicht umsonst wurde der Aperitif in Turin erfunden. Ab 17:00 Uhr gibt es in den Cafés den Aperitivo – ein Getränk und Kleinigkeiten zum Essen. Und das gibt es bis in die Nacht. Also versammelt sich dort Jung und Alt und genießt und lässt den Tag auf angenehmste Weise ausklingen.

Bei schönem Wetter sehen die Berge so aus, als würden sie direkt hinter Turin stehen:

Sehenswürdigkeiten? Mehr als genug!

Turin ist eine Großstadt mit 890.000 Einwohnern und damit viertgrößte Stadt in Italien.Es gibt ein umfangreiches Kulturangebot und im Sommerhalbjahr eine Unzahl von Veranstaltungen.

Erstaunlicherweise ist Turin vom Tourismus noch kaum entdeckt: Turin – verstecktes Juwel!

Den Römern und Savoyern ist es zu danken, dass man sich in der Stadt gut orientieren kann. Die Römer legten das rechtwinklige Straßennetz an und die Savoyer bauten Blickachsen.

Der Name der Stadt kommt von den Tauriern, die hier zu Zeiten der Römer lebten.

Hier ein paar erste „Teaser“, mehr folgt.

Wer sich besser durch die diversen Emanueles, Albertos usw. aus dem Haus Savoyen, nach denen die Plätze, Straßen benannt, die Denkmäler gewidmet und das Stadtbild zu verdanken sind, kann sich unten eine Übersicht der savoyischen Herrscher der Neuzeit ansehen.

Um die Piazza Castello

Piazza Castello, Turin

Der zentrale Platz von Turin ist die Piazza Castello. Von dort führt die Via Roma nach Süd-Westen bis zum Bahnhof Porta Nuova, die Via Po nach Süd-Osten zum Fluss, die Via Garibaldi, der ehemalige Decumanus der Römer zur Piazza Statuto im Nordwesten und die Via Pietro Micca mit einem kleinen Knick an der Via Cernaia zur Porta Susa im Westen. Der römische Cardo verlief entlang der Via Porta Palatina und der Via San Tommaso.

Gleich mehrere Top-Sehenswürdigkeiten befinden sich hier: Palazzo Reale mit seinen Museen und den Giardini Reali, Palazzo Madama, der Dom San Giovanni Batista und die Real Chiesa di San Lorenzo.

An der Südecke ist der Eingang zur Galleria Subalpina, eine zweistöckige Passage mit Geschäften und einem Kino – und dem Cafè Baratti & Milano, eins der traditionellen Cafès von Turin. Die Passage führt zur Piazza Carlo Alberto mit dem Palazzo Carignano, in dem sich das Museum des Risorgimento befindet. Ein Muss für diejenigen, die Italien verstehen wollen. Wenn man durch den Palast hindurch geht, gelangt man auf die Piazza Carignano. Links ist das ägyptische Museum mit einer der weltweit größten Sammlungen. Eine Vorabreservierung von Tickets empfiehlt sich.

Geht man die Via Principe Amadeo weiter, kommt man zur eleganten Einkaufsstraße Via Roma. Dort geht es nach rechts wieder zur Piazza Castello und nach links zur Piazza San Carlo.

Piazza Castello

Genug von den Groß-Sehenswürdigkeiten? Dann gibt es gleich um die Ecke noch ein paar Entdeckungen zu machen – kleine versteckte Juwelen.

Contrada dei Guardinfanti

Dazu gehen wir die Via Garibaldi hoch bis zur Via San Tommaso. Hier hängt die Fahne der Contrade dei Guadinfanti quer über der Straße. Die Contrade der Kinderwächter? Nein. Hier wurden bis zum 19. Jahrhundert Reifröcke verkauft, die die ungeborenen Kinder im Mutterleib schützen sollten und Guardinfanti genannt wurden.
Man sollte dabei nicht an schwer arbeitende Frauen denken. Kundinnen waren adelige Damen. Sehr schnell entwickelte sich daraus dann eine Mode – die mit dem ursprünglichen Sinn nichts mehr zu tun hatte.

Via Barbaroux, Via Botero, Via S. Francesco d’Assisi, Via S. Maria bewahren das mittelalterliche Straßengefüge, das von den städtebaulichen Eingriffen der Savoyer ab dem 17. Jahrhundert unberührt blieb. Nichts mehr von barocker Großzügigkeit. In einigen dieser Straßen (Via Mercanti, Via Stampatori) gibt es schöne, renovierte Häuser und Geschäfte.

Auch in der Via Barbaroux gibt es schöne Geschäfte und Cafès. In Nr. 13/D gibt es einen kleinen Laden, der regionale Produkte, großenteils aus eigener Produktion, verkauft, z.B. Nüsse und Schoko-Cremes in allen Variationen. Und das zu sehr vernünftigen Preisen.

Via Barbaroux
Via Barbaroux

In der Via dei Mercanti gibt es die Pasticcheria Cabaret. Man kann draußen sitzen und nicht nur den caffé (für 1 EUR!) genießen, sondern jede Menge Süßgebäck. Nicht weit davon ist das Feinkostgeschäft Pastificio La Spiga.

Pasticceria Cabaret
Pastificio La Spiga
Waves of Wanting

Biegt man von der Via Barbaroux am Vicolo Santa Maria links ein, kommt man zur Piazetta Andrea Viglongo. Hier steht das Haus mit den Waves of Wanting von Nancy Dwyer. An dessen Fassade sind Metallstreifen mit dem Wort „Mehr“ in fünf Sprachen angebracht. Bei entsprechendem Sonnenstand, werden die Worte als Schatten an die Wand geworfen.

Palazetto Scaglia di Verrua.

Wir gehen wieder zur Via Barbaroux zurück und überqueren diese. Ein Stück weiter steht der Palazzo Scaglia di Verrua – ein weiteres verstecktes Juwel.

Ein Renaissance-Palast vom Ende des 16. Jahrhunderts mit Fresken von Antonino Parentani. Die äußere Freskendekoration besteht aus Wappen, Landschaften, allegorischen Figuren und Gottheiten, die von architektonischen Rahmen umrahmt werden. Diese Art der Verzierung war in Turin zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert häufiger, aber nur am Palazzo Scaglia haben sie überlebt.

Der heutige Name des Gebäudes geht auf die späteren Besitzer, die Grafen Scaglia di Verrua, zurück, deren Wappen noch auf der Eingangstür zu sehen ist. Der Innenhof ist beeindruckend.

Palazzo Scaglia - Eingangshalle
Palazzo Scaglia Innenhof
Palazzo Scaglia - ehemalige Apotheke

Wir gehen weiter, überqueren die Via Garibaldi und biegen an der Via Corte d’Apello links ab. An der nächsten Ecke steht der Palazzo Barolo, einer der schönsten Patrizierhäuser des Turiner Barocks.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts beauftragte Graf Ottavio Provana von Druent, Mitglied einer der bedeutendsten Adelsfamilien, die mit der königlichen Familie von Savoyen verbunden war, den Architekten Gian Francesco Baroncelli mit dem Ausbau und der Renovierung.

Nach der Erweiterung wurde der Palast zum Wohnsitz von Elena Matilde, der einzigen Tochter des Grafen Ottavio, und ihrem Ehemann, dem Markgrafen Gabriele Falletti di Barolo. Eine tragische Figur. Ihr Vater verweigerte ihr die Mitgift für die Heirat. Darauf verließ sie der Angebetete und sie sprang 26-jährig aus dem Fenster. Hinter den teuersten Vorhängen werden die dicksten Tränen geweint.

Die letzte Besitzerin des Gebäudes war Giulia Barolo, eine Nachfahrin der Familie, mit der das Geschlecht ausstarb. Sie vermachte den Palazzo der Opera Pia Barolo, die 1864 von ihr als gemeinnütziger Verein mit sozialem und kulturellem Engagement gegründet wurde.

Heute der Palast für die Öffentlichkeit zugänglich. Er beherbergt auch Ausstellungen und kulturelle Veranstaltungen sowie das Museum für Schul- und Kinderbücher.

Noch ein verstecktes Juwel ist die Capella dei Mercanti in der Via Garibaldi 25. Die Kapelle ist nur am Wochenende geöffnet (Sa 15:00 bis 18:00 Uhr, So 10:00 bis 12:00 Uhr). Der Barockbau wurde von den Kaufleuten, Ladenbesitzern und Bänkern gestiftet (deshalb der volle Name „Cappella dei Mercanti, Negozianti e Banchieri“) und Ende des 17. Jahrhunderts gebaut. Thema der Bilder in der Kapelle ist die Epiphanie, die Erscheinung des Herren, die bei uns an Dreikönig gefeiert wird. Davon abgeleitet ist die Hexe Befana, die in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar Geschenke bringt (wenn man am Abend des 5. Socken aufgehängt hat, sonst nicht) oder auch straft, dann gibts statt Geschenken Kohle.

Capella dei Mercanti
Capella dei Mercanti

Von hier aus ist die Piazza Savoia nicht weit mit dem Cafè Ai Savoia, wo man den kleinen Rundgang würdig bei einem Bicerin beschließen kann (wahrscheinlich der Beste der Stadt).

Piazza San Carlo

Turin kann Vieles. Dazu gehört, Plätze zu inszenieren: Piazza Castello, Piazza Carignano, Piazza Carlo Alberto, Piazza Carlo Emanuele II, Piazza Vittorio Veneto, Piazza Statuto… Mit diesen Inszenierungen kann in Europa nur noch Paris mithalten.

Piazza San Carlo von der Via Roma aus

Den vielleicht schönsten Platz wollen wir uns genauer ansehen: Piazza San Carlo.

Der Platz wurde Mitte des 17. Jahrhunderts von Carlo di Castellamonte im Barockstil entworfen und am Ort des römischen Amphitheaters erbaut. Wer genau hinschaut, sieht, dass die Fassaden der Häuser am Platz völlig identisch sind. Auch an der Piazza Castello finden sich die gleichen Fassaden-Elemente. An der Piazza wollten die Adeligen wohnen, in Sichtweite des Königspalastes. Es sollte verhindert werden, dass der Platz durch die Geltungssucht der Adeligen verschandelt wurde.
Deshalb mussten die Fassaden für alle Gebäude gleich aussehen. In einer Zeit, in der Rang, Rechte und Vorrechte (wer durfte zuerst durch eine Tür gehen, in welcher Entfernung zum Herrscher stehen, wer gar sitzen…?) lebenswichtig waren, eine Großtat.

Piazza San Carlo, Südwest-Seite

Beauftragt hatte den Platz Maria Christina von Frankreich. Das erklärt, warum der Platz an Paris erinnert. Sie heiratete Victor Amadeus I. und wurde damit 1619 Herzogin von Savoyen.

Christina von Frankreich

Der Platz ist riesig (168 x 76 Meter). Die wesentlichen Gebäude sind auf der Ostseite der Palazzo Solaro del Borgo aus dem 17. Jahrhundert (heute Hotel) und ganz im Westen der Palazzo Guido Villa. An der Südseite stehen die Zwillingskirchen San Borromeo und Santa Cristina.

In der Mitte steht das Denkmal von Emanuele Filiberto (der Sieger der Schlacht bei San Quentino im Jahr 1557, in dem das spanische Heer unter seiner Führung die Franzosen besiegte und derjenige, der die Hauptstadt nach Turin verlegt hatte).

Der Platz wurde über die Zeit ganz unterschiedlich genutzt. Zunächst war er der „Platz des Königs“. Hier war Markt und Bühne für die Adeligen. Nach 1650 wurde er für 100 Jahre zum Durchgangsplatz für die Soldaten von der Piazza Castello zur Zitadelle und diente für Aufmärsche. Entsprechend wurde er Piazza d’Arrmi genannt. Während der Belagerung durch die Franzosen wurde der Platz von Kanonenkugeln getroffen. Man kann heute noch Kugeln in der Mauer an der südlichen Spitze über dem Cafè Mokita sehen.

Zerstörungen im zweiten Weltkrieg

Nachdem der Platz nicht mehr für militärische Zwecke verwendet wurde, erhielt er Ende des 18. Jahrhunderts sein heutiges Aussehen und wurde nach der Kirche benannt, die dem Heiligen Karl Borromäus (Bischof von Mailand, der 1778 nach Turin pilgerte, um das Grabtuch zu sehen) geweiht ist.

Im zweiten Weltkrieg wurden unter dem Platz Luftschutzbunker angelegt. Nach dem Kriegseintritt Italiens wurde Turin bombardiert und auch die Piazza San Carlo schwer beschädigt.

Heute wird der Platz das Wohnzimmer Turins genannt. Es finden regelmäßig Veranstaltungen hier statt. An diesem Platz gibt es auch zwei der alten Cafès (San Carlo und Torino) sowie die Confetteria Stratta mit der Originaleinrichtung von 1836.

Auf der Südwestseite, vor dem Cafè Torino, ist in den Boden ein Relief von einem Stier eingelassen. Es bringt angeblich Glück, wenn man den Stier an einer bestimmten Stelle mit dem linken Fuß berührt.

Gallerie d'Ialia - Torino

An der nördlichen Ecke gibt es die Gallerie d’Italia – Torino mit regelmäßigen Sonderausstellungen zeitgenössischer Kunst.

Außerdem kann man ein beeindruckendes Treppenhaus und historische Räume aus anderen Palästen sehen, die hier wieder aufgebaut wurden.

La testa rovesciata

An der Nordostecke (bei Nr. 161) gibt es einen sehenswerten Durchgang zur Edelshopppingstraße Via Guiseppe Luigi Lagrange mit der Skulptur La testa “rovesciata” del David (oder auch the big testone genannt) von Andrea Salvatori.

Der Künstler ist dafür bekannt, dass er zum einen bekannte Skulpturen kopiert und zum anderen das Innere seiner Werke immer leer lässt. Tatsächlich ist diese Skulptur aber nicht leer. Sie werden Sterne sehen, ein Symbol, das Andrea Salvatori oft verwendet, und Münzen, die von Passanten hinterlassen wurden. Der Künstler hat den Kopf mit einer Maxime des Philosophen Kant versehen, wenn auch in umgekehrter Form: „Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.“

Santa Cristina
Piazza San Carlo Cafe Torino

Campidoglio

Campidoglio
Campidoglio, Via Moncenisio

Man könnte meinen, man wäre auf dem Land: niedrige Häuser mit efeu- und blumengeschmückten Balkonen, schmale Straßen, Kopfsteinpflaster und kaum jemand unterwegs. Wenn da nicht die vielen Graffitis wären. Campidoglio ist ein Streetart-Freilichtmuseum. Das MAU (Museo di Arte Urbana) veranstaltet Führungen. Man kommt aber auch so gut zurecht. Bei vielen Graffitis gibt es einen QR-Code, mit dessen Hilfe man mehr über Bild und Künstler:in erfährt.
Hier sind namhafte Künstler:innen vertreten, die u.a. auch schon auf der Biennale von Venedig ausgestellt haben (z.B. Max Petrona). Insgesamt gibt es über 180 Kunstwerke zu sehen. Ein weiteres Turiner verstecktes Juwel in Turin.

Sarah Bowyer: City Feeder, Via Fiano 28
Orma il viandante, Kasy 23 u nd Sisterflash, Corso Alessandro Tassoni
Enzo Bersezio: Ohne Titel, Via Musiè 19

Und es gibt noch mehr: jeden Vormittag (außer Sonntag) gibt es einen großen Markt am Corso Svizzera. Anders, als an der Porta Palazzo, wo es irgendwie alle eilig haben, geht es hier ruhig zu. Kundi:innen und Händler:innen kennen sich. Man hält ein Schwätzchen und bespricht die allgemeine Lage. Das Angebot reicht von Obst und Gemüse über Wurst, Fleisch und Käse bis zu Kleidung und Haushaltswaren.

Mercato Corso Svizzera, Campidoglio
Mercato Corso Svizzera, Campidoglio
Mercato Corso Svizzera, Campidoglio

Am Ende des Marktes, an der Via Bianze wartet ein Kiosk mit Tischen und Stühlen unter Bäumen.

Wer zum Schluss noch eine Packung Neobarock benötigt, schaut sich die Kirche Sant‘Alfonso an.

Sant'Alfonso
Mono Carasco: Un altro mondo è possibile,
Viktorija Boguslavska und Antonio Filippini: The contortionis, Via Rocciamelone 15

Von der Piazza Castello ist man mit der 13 in 21 Minuten in Campidoglio – und hat ein Kontrastprogramm zu den Palästen des Zentrums.

Gianluca Scarano, Via Netro
Max Petrone,: The soul alive puppet, Via Locana/Via Musinè
Bianluca NIBBI, Danza degli 8 dei, Via Rivara 21

Porta Palazzo

Porta Palazzo

In älteren Reiseführern steht, Uh-uh – Gefahr, die Gegend sei zu meiden. Das stimmt nicht mehr. Wie in anderen Großstädten an Plätzen mit vielen Menschen auch, sollte man die Gucci-Handtasche nicht offen umhängen und die Rolex im Hotel lassen. Aber sicher fühlen kann man sich absolut.

Einer der größten Freiluftmärkte Europas. Alles, was das Herz begehrt, gibt es zu kaufen. Obst/Gemüse, Gewürze, Kleidung, Haushaltswaren, Elektroartikel…. Und natürlich die regionalen Besonderheiten: Grissini, Käse, Nudeln… Es gibt außerdem zwei Hallen, eine kleinere hauptsächlich mit Fleisch und Fisch, eine größere mit Fleisch, Wurst, Käse, Imbissen, Brot, Nudeln… Und es gibt eine dritte große Halle mit Imbissen. Dort kann man noch im Untergeschoss die Mauern der ursprünglichen Eiskeller sehen.

Marktgeschehen pur: enge Wege zwischen den Ständen, Düfte, die Rufe der Verkäufer, prall volle Stände.

Porta Palazzo
Porta Palazzo
Porta Palazzo, Fischstand

Die Öffnungszeiten sind Mo-Fr von 7:00 bis 14:00 Uhr, Samstag 7:00 bis 19:30 Uhr.

Die beste Zeit ist morgens. Wer dort frühstücken möchte: Cafè Galleria, Galleria Umberto I. 19 (täglich 7:00 bis 20:00 Uhr) in – wie der Name sagt – einer kleinen Passage mit Cafès, Galerien, Geschäften. An der Decke eine Lichtinstallation.

Und nebendran ist der Balon, ein riesiger Floh- und Antikmarkt. Am Samstag gibt es die meisten Aussteller. Und natürlich gibt es mehrere Osterien, z.B. die Osteria del Balon, Piazza Borgo Dora 24

Flohmarkt Balon
Balon
Balon

Via Po und das gegenüber liegende Ufer

Via Po

Wahrscheinlich den schönsten Spaziergang unter den Arkaden kann man entlang der Via Po machen. Zum einen ist es hier lebendig: Stassenbahnen, Busse, Lieferverkehr und natürlich viele Passant:innen. Jede Menge Geschäfte, Cafés und spektakuläre Gebäude (z.B. der Innenhof der Universität oder die Kirche Santissima Annunziata). Und ein interessantes Museum (Museo di Arti Decorative Accorsi – Ometto, mit regelmäßigen Sonderausstellungen).

Am Ende wartet dann die Piazza Vittorio Veneto.

Die Via Po ist die Hauptachse, um die herum die zweite Stadterweiterung ab 1673 geplant und durchgeführt wurde. Sie wurde 1720 mit einer einheitlichen Architektur fertiggestellt und verläuft schräg zum orthogonalen Raster von Turin.

Ihre Aufgabe war es, die Piazza Castello, das Zentrum der savoyischen Macht, mit der Piazza d’Armi, der heutigen Piazza Vittorio, zu verbinden, die bis zum Ende des 18. Jahrhunderts die Hauptstraße der Stadt war. Außerdem markierte die Straße den Weg nach Chieri und Monferrato, der von der alten Brücke über den Po ausging, die in der Nähe der heutigen Brücke stand und der einzige Weg über den Fluss war.

Die Straße befand sich auf der antiken Strada della Calce (Kalkstraße), die so genannt wurde, weil sie zum Hafen führte, wo der Kalk ankam, der zusammen mit Holz auf dem Po transportiert wurde.

Der Ort ist historisch: Seit dem späten Mittelalter sind hier Gebäude wie die 1404 eingeweihte Universität (die heutige Universität von Turin), eine Militärakademie, und später die Accademia Albertina di Belle Arti angesiedelt. (Akademie der Schönen Künste, unbedingt ein Besuch wert, u.a. wegen der vielen Vorzeichnungen für seine Bilder von Ferrari.
Und wenn man in die oberen Stockwerke geht, kann man, wenn sie es erlauben, den Student:innen bei der Arbeit zusehen, oder ihre Werke bewundern).

Als sie gebaut wurde, hieß die Via Po „Regina viarum“: Sie war die breiteste Straße von Turin.

Santissima Annunziata

Wer die Atmosphäre der Piazza Vittorio genießen möchte hat die Wahl zwischen vielen Cafés. Von der Qualität muss man sich hier nicht das Äußerste erwarten. Zu empfehlen ist am ehesten das CAFFE VITTORIO VENETO, gleich rechts, wenn man an den Platz kommt. Man sollte auf die Uhrzeit achten: morgens sind die Geschäfte in der Via Po noch zu und der Platz relativ leer, man kann sehen, wie die Anwohner:innen in den Tag starten und man kann perfekt frühstücken. Bis nachmittags wird es lebendig und zur Aperitivo-Zeit steppt hier der Bär.

Wer zur Mittagszeit hier ist und Hunger verspürt: La Cantina di Accati Emanuel, Via delle Rosine 1.

Piazza Vittorio Veneto

Weiter gehts über die Brücke. Dort steht die Kirche Gran Madre di Dio. Der Spruch auf der Fassade (Ordo Populusque Taurinus ob Adventum Regis – Adel und Volk Turins zur Ankunft des Königs) bezeichnet die Entstehungsgeschichte.

Es ist die einzige Kirche, die sich im Besitz der Stadt befindet, da die Errichtung von der Stadt veranlasst wurde, um die Rückkehr von König Viktor Emanuel I. aus dem von den Franzosen erzwungenen Exil am 20. Mai 1814 nach dem Rückzug der napoleonischen Armee und dem Ende der französischen Herrschaft zu feiern.

Schöne Geste. Die Kuppel ist dem Pantheon in Rom nachempfunden.

Piazza Vittorio Veneto

Und jetzt den Berg hoch zur Santa Maria del Monte dei Cappuccini. Von dort hat man einen fantastischen Blick über Turin, sowohl tagsüber als auch in der Dämmerung.

Nicht weit ist die Villa Regina (geöffnet Di-So, 10:00 bis 17:00 Uhr).

Ursprünglich waren hier Weinberge und Äcker.

Bauen ließ die Villa (die zum Unesco-Erbe Turins gehört), Kardinal Maurice von Savoyen. Er war der Bruder des Herzogs Victor Amadeus I., und als dieser starb, erhielt er einen päpstlichen Dispens von seiner Rolle als Kardinal (als Zweitgeborener hatte er die schlechtere Karte gezogen) und versuchte, der neue Herzog zu werden, indem er Druck auf die Regentin (im Namen seiner noch minderjährigen Kinder) Madame Christine ausübte.
Daraufhin einigten sich die Savoyer 1642 darauf, dass der 49-jährige Ex-Kardinal Maurice die 13-jährige Tochter von Madame Christine, Ludovica Christina von Savoyen, heiratete, damit das Königreich auch im Falle des Todes der Kinder von Madame Christine in savoyischer Hand bleiben würde.

Zur Belohnung gab’s die Villa. Der erste Name der Villa war also passend „Villa Ludovica“. In der Villa organisierte Maurice Treffen von Akademikern und Intellektuellen, bei denen Kunst, Wissenschaft, Philosophie und Mathematik diskutiert wurden. Fortan ging die Villa jeweils in den Besitz der Gattin des jeweiligen Herrschers.

Nach dem Tod von Ludovika im Jahr 1692 wurde der Komplex so zur Residenz der Königin Anne Marie de Orléans, der Ehefrau von Viktor Amadeus II, die sich gerne mit ihren Kindern in der Villa aufhielt, insbesondere, nachdem sie Filippo Juvarra mit der Neugestaltung betraut hatte.

Im Jahr 1865 schenkte Viktor Emanuel II. die Villa dem Institut für die Töchter des Militärs und richtete ein Mädcheninternat ein. Leider wurde der Komplex während der Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs schwer beschädigt und verwahrloste danach. Erst 1994, als die Villa in Staatseigentum überging, wurde ein Projekt zur Wiederherstellung und Restaurierung des Gebäudes in Angriff genommen.

Heute kann der Villenkomplex besichtigt werden, und im Inneren des faszinierenden Barockgebäudes aus dem 17. Jahrhundert können zahlreiche Gemälde von Künstlern wie Daniel Seiter und Giovanni Battista Crosato bewundert werden.

Auf der Rückseite des Gebäudes befindet sich ein italienischer Garten in Form eines Amphitheaters, in dem sich der Solinghi-Pavillon befindet.

Es gibt sehr empfehlenswerte, kostenlose Führungen der Villa, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Mit etwas Glück macht die Führung eine Offiziersgattin – ganz in der Tradition der „Töchter der Militärs“. Ein wirkliches Erlebnis.

Hier kann man sich einen ausführlichen Vorgeschmack holen.

Villa della Regina
Villa della Regina
Villa della Regina

Als ehemalige Residenzstadt und Hauptstadt des vereinten Italien verfügt Turin über bedeutende Kunstschätze. Soweit zu erwarten. Darüber hinaus gibt es aber eine große Zahl an Orten, in denen moderne und zeitgenössische Kunst gezeigt wird.

Klassische Kunst

Schon erwähnt wurden bereits, neben dem ägyptischen Museum, die Musei Reali und der Palazzo Madama, sowie die Accademia. Sehenswert ist auch das asiatische Museum.

Moderne Kunst

Hauptort für moderne Kunst ist das MAG (Galleria civica d’arte moderna e contemporanea). Ebenfalls sehr sehenswert ist die Sammlung der Familie Agnelli (Pinacoteca Agnelli), in der auch klassische Bilder hängen.

Spannende Fotografie gibt es im CAMERA. Wenn man schon hier ist, sollte man sich den Giardino Cavour in der Nähe ansehen. Und für einen Kaffee bietet sich das Pepe in der Via della Rocca 19 an. Hier ist noch ein kleiner Park und man kann wunderbar unter Bäumen den Kaffee genießen.

Zeitgenössische Kunst

Castello die Rivoli

Hier ist an erster Stelle das Castello di Rivoli zu nennen, dass von der Innenstadt mit dem Auto in einer dreiviertel Stunde, mit den Öffis in gut 1 Stunde zu erreichen ist. Hier sind Werke von Künstlern zu sehen, die auch im Centre Pompidou oder anderen großen Sammlungen zeitgenössischer Kunst zu finden sind.

Das Ambiente ist einzigartig. Die Künstler konnten jeweils einen Raum des Schlosses gestalten. Die Wirkung ist überwältigend. Und es gibt ein Museumscafè mit Außenterrasse. Besser gehts nicht.

Castello di Rivoli
Mario Merz, Igloo (Tenda di Gheddafi)
Maurizio Cattelan, Novecento

Auch in der Stadt gibt es mehrere Ausstellungsorte:

Fondazione Merz
Fondazione Merz, Ausstellung "Sacro è (Sacredness is)"

Die Fondazione Merz, im Westen von Turin (via Limone 24, im Viertel Borgo San Paolo, eine halbe Stunde mit dem Bus vom Zentrum) in einem ehemaligen Wärmekraftwerk des Autoherstellers Lancia gelegen, zeigt in häufig wechselnden Ausstellungen Werke zeitgenössischer Künstler:innen aus allen Gattungen (Malerei, Installationen, Fotografie…). Das Gebäude ist gleichzeitig ein Beispiel für die Industriearchitektur der 1930er Jahre.

Flashback Habitat

Schon der Ort des Flashback Habitat ist sehenswert. 20.000 Quadratmeter am Hang oberhalb des Po im Borgo Crimea (am Corso Giovanni Lanza 75) wurden neu gestaltet. Es ist eine grüne Oase mit großen Bäumen. Flashback Habitat ist ein unabhängiges Kunstzentrum und will ein Ökosystem für Kultur sein.

Auf dem Gelände gibt es 4 Gebäude. HALL A: beherbergt Stanze Viventi/Living Rooms, ein Projekt, das das Territorium, das künstlerische Schaffen und das Leben in den Mittelpunkt stellt. Der erste Teil des Projekts richtet sich an Künstler aus dem Piemont, die die Räume in Werke verwandeln.
HALLE B: Dies ist der Pavillon, der für Ausstellungen und Kunstmessen bestimmt ist und in dem sich die Buchhandlung und die Werkstätten befinden.
HALLE C: Das älteste Gebäude des gesamten Komplexes ist ein Ort der Geselligkeit und der kreativen Gastfreundschaft. Sie beherbergt das Il Circolino, das einen Gesprächsbereich, einen Ausstellungsbereich, einen Projektraum und eine Bar/Bistro umfasst. HALLE D ist noch im Aufbau und soll „Schnittstellenprojekte“ zwischen Kunst und Handwerk beherbergen.

Hier befand sich früher das Istituto Provinciale per l’Infanzia e la Maternità/IPI (Institut für Kleinkinder und Mutterschaft), eine Einrichtung die sich um Waisen und Mütter in Not kümmerte.

Flashback Habitat
Terrasse Flashback Habitat
Innenraum

In 2024 gibt es u.a. zwei Fotografie-Ausstellungen. Eine befaßt sich mit Formen des Protests. Von Chris Suspects Straßenfotografie, die die politischen Proteste auf dem Capitol Hill dokumentiert, über Enrico Gilis Yellow Umbrella Revolution in Hongkong bis hin zum Widerstand der amerikanischen Indianer in den 1970er Jahren, von dem Angelo Quattrocchi erzählt.

Die andere zeigt Hochzeitsfotografien, von Italienern, die in den Norden gewandert sind, hier ins Viertel Barriera Milano (benannt nach der früheren Zollstation an der Straße aus Mailand).

Die Hochzeitsfotos zeigen eine Menge: den glücklichen Moment in der Lebensgeschichte, Menschen, die immer noch nach den Mustern ihrer Herkunft die Hochzeit gestalten bis zur Entwicklung der Fotografie von den 50ern bis in die 90er.

Nach dem Besuch auf der Terrasse einen Kaffee trinken und die Aussicht über Turin genießen. Ein Erlebnis.

Der Borgo Crimea ist eine Sehenswürdigkeit für sich. Früher gab es hier eine Zollschranke und in dem Dorf wohnten hauptsächlich Wäscher:innen. Der Name Borgo Crimea erinnert an die italienische Militärexpedition auf die Krim (1855-1856). König Vittorio Emanuele II. liess extra einen Denkmalobelisken errichten. Das Dorf wurde darauf von der Turiner Oberschicht besiedelt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Dorf durch zahlreiche Gebäude im turinischen Jugendstil bereichert, die noch heute zu sehen sind (z.B. die Villa Scott). Interessant ist auch auch die Casa dell’Obelisco an der Piazza Crimea aus dem 50ern des letzten Jahrhunderts, ein Haus ohne Ecken. Ein kleiner Rundgang lohnt sich also.

Monumento alle Spedizione di Crimea
Borgo Crimea
Casa dell Obelisco
Fondazione Sandretto Re Rebaudegno

Die Fondazione Sandretto Re Rebaudegno zeigt in 2024 u.a. Bilder der Malerin Danielle McKinney und von Mohamed Sami. Es empfiehlt sich, auf der Webseite die Öffnungszeiten zu prüfen. Die Stiftung betreibt nicht nur Ausstellungen in Turin, sonder auch außerhalb, z.B. in Guarene. Deshalb sollte man genau nachsehen, welche Ausstellungen in Turin sind. Wenn Sie hier sind: nicht weit ist die Fontana Igloo Mario Merz (vgl. bitte unten).

OGR

OGR, ehemals Werkstätten für die Eisenbahn (Officine Grandi Riparazioni di Torino), ist ein Veranstaltungszentrum am Corso Castelfidardo, 22. Es gibt dort Vorträge, Kurse, Veranstaltungen für Kinder, Konzerte und Kunstaustellungen. Außerdem gibt es ein Restaurant, eine Bar und eine Außenterrasse. Ein Besuch lohn sich in jedem Fall.

Gallerie d’Italia Torino

Last but not least gibt es die Gallerie d’Italia Torino an der Piazza San Carlo mit wechselnden Ausstellungen und sehenswerten Innenräumen.

Parco Arte Vivente

Der Parco Arte Vivente ist wirklich außergewöhnlich. Nahe der Kreuzung Corso Bramante und Via Zino Zini im Südwesten des Zentrums werden natürliche Kunstwerke „ausgestellt“. Auf der Webseite heißt es: „Der Parco Arte Vivente (Park der lebendigen Kunst) ist ein experimentelles Zentrum für zeitgenössische Kunst, das vom Künstler Piero Gilardi konzipiert und von Enrico Bonanate geleitet wird. Der Parco Arte Vivente umfasst ein Ausstellungsgelände unter freiem Himmel und ein interaktives Museum, das als Ort der Begegnung dient und den Dialog zwischen Kunst und Natur, Biotechnologie und Ökologie sowie zwischen Publikum und Künstlern fördert. Der Park ist ein grünes Territorium in ständiger Entwicklung… . Neben Trèfle, einer Umweltinstallation des Künstlers Dominique Gonzalez-Foerster (2006), und Jardin Mandala, einem vom Landschaftsarchitekten Gilles Clément entworfenen Garten (2010), gibt es weitere Aktivitäten (Focolare, Gewinner des PAV-Preises 2012, und ein städtisches Imkereiprojekt mit Bienen in La Folie du PAV von Emmanuel Louisgrand, 2009“).

Parcours Arte Pubblica sul Passante Ferroviara
Fontana Igloo Mario Merz

Etwas Besonderes sind die Kunstwerke, die im Westen der Stadt – ebenfalls unter freiem Himmel – ausgestellt werden, der Parcours Arte Pubblica sul Passante Ferroviara erstreckt sich entlang und um den Corso Castelfidardo südlich vom Corso Vittorio Emanuele II und danach entlang dem Corso Mediterraneo .
Dies war Teil eines städtischen Umgestaltungsprojekts „Spina Centrale“, das, unter Nutzung des parallelen Projekts der Überdachung der Gleise der Turiner Eisenbahn, zur Neugestaltung der umliegenden Gebiete und zur Schaffung eines großen Boulevards führte, der die Stadt in Nord-Süd-Richtung durchquert.
1995 wurde im Auftrag der Stadt Turin und unter der Leitung von Rudi Fuchs (u.a. niederländischer Kunstkritiker Museumsdirektor, Leiter der documenta 7, Künstlerischer Direktor des Castello di Rivoli) das Projekt „Artecittà“ gestartet.
Es wurden zunächst 11 Künstler aus dem In- und Ausland angefragt, Entwürfe für Kunstwerke einzureichen, die an verschiedenen Orten entlang der ehemaligen Bahntrasse aufgestellt werden sollten. Die Umgebung – breite Ausfallstraßen – ist etwas gewöhnungsbedürftig, die Kunstwerke dafür umso spannender.
Am berühmtesten ist vermutlich die „Fontana Igloo Mario Merz“ auf einer Verkehrsinsel am Corso Mediterraneo nicht weit von der Einmündung der Via Sebastiano Caboto.

Albero Giardino

Ebenfalls sehenswert sind der Albero Giardino auf der Höhe der Via Marco Polo von Guiseppe Penone. Der Garten ist wenig romantisch an einem spitzen Dreieick an der Eimündung zwei verkehrsreicher Strassen angelegt. Wenn man aber erst einmal auf einem der schmalen Wege unter den Büschen entlang geht, verschwindet der Verkehrslärm (fast) und man denkt, man wäre an einem verwunschenen Ort.

Opera per Torino

In der anderen Richtung findet sich „Opera per Torino“ von Per Kirkeby am Largo Orbassano (südlich vom Igloo Mario Merz). Mit der Gestaltung des Werkes greift Kirkegy das rechteckige Strassenmuster von Turin auf, dass an manchen Stellen doch nicht ganz so rechtwinklich ist.

Weitere sind „Procession of reparationists“ beim OGR (vgl. oben) von Ketridge William am Corso Castelfidardo 22 (Bild Links) und „Centocinquantesimo“ von Lupi Italo, Migliore Ico und Servetto Mara gegenüber auf der anderen Strassenseite.

La rotazione del Tempo von Cappellari Luciano findet sich an der Piazza Delpiano, ebenfalls nicht weit vom Igloo. (Bild Mitte).

Außerdem gibt es jede Menge Graffittis zu bestaunen (Bild rechts).

Procession of reparationists, Corso Castelfidardo 22
La rotazione del Tempo von Cappellari Luciano, piazza Delpiano
Sfiggy Invasion il Quinto Stato von Bolognesi Alessio  am Corso Lione

Luci d’Artista

Il regno dei fiori

Öffentliche Kunst, die Dritte: Lichtinstallationen, verteilt über die ganze Stadt. Einige Beispiele sind die Installationen von Luigi Nervo im Hof des Teatro Regio, die Fibonacci-Reihe von Mario Merz auf dem Dach der Mole Antonelliana, „Il regno dei fiori: nido cosmico di tutte le anime“ von Nicola De Maria an der Piazza Carlo Emanuele II (was – in sehr profaner Sicht – eine besondere Atmosphäre für den Aperitivo macht) und in der Galleria Umberto I (bei der Porta Palazzo) „L’energia che unisce si espande nel blu“ von Marco Gastini.


Eine recht gute Karte mit vielen öffentlichen Kunstwerken findet sich hier.

Turiner Besonderheiten

Gleich Mehreres macht Turin einzigartig: die Portici, die traditionellen Cafès, die Lage in der Nähe der Berge, der Aperitivo – und die vielen Jugendstilgebäude.

Die Portici

18 km lang sind die Arkaden von Turin:

  • von der Piazza Castello entlang der Via Po bis zum Fluss (beidseitig)
  • von der Piazza Castello bis zur Porta Nuova (beidseitig) – die Via Roma
  • von der Piazza Castello zur Piazza Statuto
  • von der Piazza Statuto am Corso Vinzaglio bis Vittori Emanuele II und weiter bis zur Porta Nuova (einseitig)
  • Auf beiden Seiten der vom Bahnhof Porta Nuova (einseitig, Via Paola Sacchi und Via Nizza)

Mann kann also das Zentrum einmal umrunden. Wer die Via Roma und die Via Po schon gesehen hat, kann sich noch die Arkaden von der Piazza Castello zur Piazza Statuto und dann weiter zur Porta Nuova ansehen. Tagsüber ist es im Sommer schattig, bei Regen trocken und am Abend schön beleuchtet.

Piazza San Carlo
Via Roma
Via Pietro Micca

Ja, in Bologna gibt es auch Arkaden. Aber in Turin sind sie belebter und – sorry – spannender.

Die traditionellen Cafès

Natürlich gibt es in allen großen Städten tolle Cafès mit Tradition. Aber auch Turin ist hier etwas besonderes.

Wer mehr über die Turiner Cafès lesen möchte, bitte hier klicken!

Ein besonderer Ort soll hier erwähnt werden: der Circolo dei Editori, gleich um die Ecke von der Piazza Carlo Alberto in der Via Giambattista Bogino 9 in einem prächtigen Palazzo gelegen. Man geht durch das Tor des Palazzos. Manchmal steht dort der Portiere und schaut so, als wäre der Zutritt verboten. Mit dem Passwort „Buongiorno“ (oder „Buona Sera“) kommt man aber hinein. Dann geht es links ein paar Stufen hoch zu einer Glastür.
Dort muss man einen Code eintippen (der steht praktischerweise an der Tür). Dann ist man in einem beeindruckenden Treppenhaus, geht in den ersten Stock und ist im Circolo dei Editori. Das Cafè Barney’s mit mehreren Räumen ist ganz hinten am Ende. Ein Restaurant gibt es auch.

Im Cafè ist in der Regel kaum jemand. Es ist ruhig. Der Service ist außergewöhnlich. Ein Kurzurlaub im Urlaub.

Der Name kommt davon, dass es der Club von Buch-Enthusiasten ist. Es gibt regelmäßige Lesungen und Veranstaltungen. Einfach großartig! Und ein verstecktes Juwel in Turin.

Circolo dei lettori - Treppenhaus
Ciircolo dei lettori - Cafè
Circolo dei lettori - Speiseraum

Aperitivo

Aperitivo gibt’s in ganz Italien, aber gefühlt wird er in Turin am meisten zelebriert und genossen.

Die riesige Piazza Vittorio Veneto bietet den Blick auf die Brücke über den Po, die gegenüberliegende Kirche und das andere Ufer und beherbergt eine Vielzahl von Cafès. Einige Cafès gibt es auch direkt am Ufer des Po (die sog. Murazzi, wenn man an der Brücke über den Po von der Piazza Vittorio Veneto kommend, rechts die Treppe hintergeht).

Nicht weit von der Porta Palazzo (an der Piazza Emanuele Filiberto) und von der Piazza Castello (Largo IV Marzo) gibt es kleine Plätze mit vielen Cafès. Ein weiterer Ort ist die Piazza Vittorio Emanuele II, nicht weit von der Via Po.
Im Viertel San Salvario gibt es jede Menge Orte für den Aperitivo und in Vanchilia (Via Reggio, Le Panche) treffen sich die Studenten.

Der Aperitivo ist eine feste Institution in Turin. Die Atmosphäre ist außergewöhnlich. Und mit Alkohol wird sehr kontrolliert umgegangen.

Ein paar Tipps? Gerne! Vanchilia hat nicht nur Le Panche zu bieten. Etwas abseits finden sich eine ganze Reihe sehr guter Bars/Restaurants für einen wunderbaren Aperitivo, die vielleicht sogar denen aus der Innenstadt vorzuziehen sind, auch weil hier nur die Anwohner:innen anzutreffen sind:

Sa Faula Winebar (Via Catania 20): Geleitet von einem sehr sympathischen Ehepaar, ausgewählte Weine, sehr gute Schaumweine und die Speisen unterscheiden sich angenehm von den „Standard-Schinken-Käse“-Tagliere anderer Bars.

Petronilla (Corso Verona 38E): Hier wird Wert auf regionale, frische Küche gelegt. Und es gibt einen großen Innenhof mit Bäumen.

Ciabot Enoteca (Via Pisa 41): Urig, von jungen Wein-Enthusiasten betrieben, warme Gerichte, sehr gute Weine

FIAT

Außer vielleicht Fußballfans (Juve, Torino FC!) denkt jeder bei Turin schnell an Fiat. Wer die Stadt besucht, sollte also auch etwas von der Automobilgeschichte von Turin sehen.

Turin war einst eine Eisen- und Autostadt. Heute ist davon allerdings nicht mehr viel übrig. Es musste also eine riesige Neu- und Umgestaltung stattfinden, ähnlich wie im deutschen Ruhrgebiet. Zu sehen sind daher heute Denkmäler der Industriegeschichte und Belege für die Anpassungsfähigkeit der Stadt.

Wer sich dafür interessiert, findet, verteilt über die Stadt, mehrere Sehenswürdigkeiten

Erstes Fiat-Werk

Erstes Fiat-Werk, Turin

Die erste Fabrik von Fiat befand sich in der Via Gabriele Chabriera, wo sich noch heute das „Centro Storico“ befindet, ein Ausstellungsort für die Firmengeschichte. Das Centro ist allerdings bis auf weiteres geschlossen. Das Jugendstilgebäude ist schlicht und außer der historischen Bedeutung nicht sonderlich beeindruckend.

Es befindet sich aber im Viertel San Salvario und das lohnt einen Besuch.

Condominio 25 Verde, Turin

Wenn man schon hier ist: in der gleichen Straße steht auch das Condominio 25 Verde, ein modernes begrüntes, von Luciano Pia entworfenes (Luxus-)Wohnhaus, das zwar nichts mit Fiat zu tun hat, aber wirklich sehenswert ist.

Lingotto

2 Minuten Fußweg und 3 U-Bahn-Stationen entfernt steht das ehemalige Werk Lingotto. Hier ist heute ein Einkaufszentrum. Auf dem Dach gibt es noch die alte Teststrecke des Werkes zu sehen. Man wählte diesen Ort, damit niemand die Autos vor der Fertigstellung zu sehen bekam. Hier gibt es auch ein Museum der Kunstwerke der Familie Agnelli.

Parco Dora

Ziemlich am anderen Ende der Stadt, im Parco Dora, kann man die Umgestaltung einer Industrie- in eine Parklandschaft sehen. Wo einst Stahlwerke und ein Kraftwerk, u.a. für Fiat standen, gibt es heute einen Park. Sehr instagrammable sind Teile der alten Gebäude noch zu sehen – und jede Menge Graffiti. Der postindustrielle Park ist eines der wichtigsten Vorhaben im Rahmen der städtischen Umgestaltung und stellt mit seinen 358.000 Quadratmetern eine der größten grünen Lungen der Stadt dar.

Der Park wurde auf den Flächen der ehemaligen großen Produktionsstätten errichtet und besteht aus Parzellen, die ihre ursprünglichen Namen behalten haben: Vitali, Ingest, Valdocco (entsprechend den drei Parzellen von Ferriere Fiat, Michelin und Mortara).

1917 erwirbt Fiat das von Ferriere Piemontesi besetzte Gelände im Valdocco-Gebiet, zwischen der Eisenbahnlinie nach Mailand, dem Fluss Dora, der Via Livorno, der Via Ceva und dem Corso Mortara.
In den 1930er Jahren wurde das Werk erweitert.

Im Juli 1939 begannen die Arbeiten für den Bau einer neuen Fabrik. Der Komplex erreichte eine Fläche von 400.000 Quadratmetern, die in verschiedene Abschnitte unterteilt war: Auf dem Valdocco-Gelände im Osten des Parks befanden sich die Stahlwerke von Fiat; auf dem zentralen Vitali-Gelände (zwischen Via Orvieto, Via Verolengo, Via Borgaro, Corso Mortara) waren die Walzwerke und das Blechwerk, die Werkstätten und die Hilfs- und Wartungsanlagen sowie die Gießereien untergebracht.
Im Bereich Ingest (via Nole, via Borgaro, via Valdellatorre, corso Potenza) wurden Blechbänder hergestellt.

Die Produktion wird nach Kriegszerstörungen schnell wieder aufgenommen. Von 1962 bis 1964 wurde der Maschinenpark umstrukturiert und modernisiert, um die Produktivität zu steigern. Fiat versuchte, sich gegen die Krise der Stahlindustrie zu wehren, indem es seine Stahlaktivitäten 1978 in der eigens gegründeten Gesellschaft Teksid zusammenfasste.
Es half nichts. Im Oktober 1982 wurden alle Ferriere-Werke an das Istituto per la Ricostruzione Industriale (IRI) verkauft, die Eisenwerke wurden 1992 endgültig geschlossen.

Parco Dora

Schon 1995 gab es erste Ideen für die Umgestaltung und Begrünung des Geländes.

Teile der alten Gebäude wurden erhalten, darunter der Kühlturm von Michelin, ein Teil des Stahlwerks und das Wärmekraftwerk. Beteiligt an den Entwürfen der Umstrukturierung war auch ein deutscher Landschaftsarchitekt, Andreas Kipar.
Unter den Siegern der Ausschreibung für die Umgestaltung war das Büro des Deutschen Peter Latz, der schon an der Neugestaltung im Ruhrgebiet beteiligt war.

Am Vormittag ist der Park verwaist, am Abend kommen die jungen Leute zum Feiern. Wer außergewöhnliche Orte liebt, wird hier Freude haben. Die Trambahn 3 hält mitten im Park (Haltestelle Piero della Francesca).

Parco Dora
Parco Dora
Parco Dora

Miafiori

Ganz im Süden, in Mirafiori, gibt es heute noch die gleichnamigen Fiat-Werke. Dort wird u.a. der elektrische 500 gebaut. 1937 begann der Bau des 1939 eröffneten Werks, das nach den Prinzipien der Fließband- und Massenfertigung konzipiert wurde.

Den sog. „Heritage-HUB“, eine Ausstellung von Fiat-Fahrzeugen kann man in einer geführten Tour besichtigen.

Mauto

Historischer Fiat Topolino, Automuseum Turin

Für Fans alter Autos sei das Automuseum erwähnt. Hier stehen natürlich Fiats, aber auch viele alte französische und deutsche Wagen. Das Museum wurde schon 1932 gegründet und ist hoch gelobt.

Wo? Corso Unità d’Italia 40.

Geöffnet von Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von 10.00 bis 19.00 Uhr, montags von 10:00 bis 14:00 Uhr.

Jugendstil? Ja, Turin ist die Jugendstilhauptstadt Italiens. Dort nennt man den Stil „Liberty“. Man sollte gut zu Fuß sein, denn die Häsuer im Liberty-Stil sind in der ganzen Stadt zu finden. Hier kann nur eine kleine Auswahl vorgestellt werden.

Die Entwicklung des Jugendstils in Turin wurde stark von der allgemeinen europäischen Kunst- und Designbewegung Ende des 19. Jahrhunderts beeinflusst. Diese Bewegung suchte nach einer Erneuerung der Kunst und des Designs, weg von den historischen Nachahmungen hin zu etwas Neuem, Organischem und Modernem. Der Jugendstil stand für Fortschritt und Modernität, was besonders in einer aufstrebenden Industriestadt wie Turin großen Anklang fand.

Turin war zu dieser Zeit eine der wichtigsten Industriestädte Italiens, was zu einem rasanten wirtschaftlichen Wachstum führte. Diese wirtschaftliche Blütezeit ermöglichte es vielen wohlhabenden Bürgern und Unternehmern, neue, moderne Häuser und Gebäude zu errichten, die den neuesten architektonischen Trends folgten. Die industrielle Revolution und die damit verbundene neue Technologie beeinflussten die Materialien und Techniken, die im Jugendstil verwendet wurden, wie zum Beispiel die breite Nutzung von Eisen und Glas.

Und Turin war ein intellektuelles und künstlerisches Zentrum.

Zwei Beispiele gibt es im Zentrum. Einmal an der Ecke Via Bertola/Via Francesco d’Assisi, die Casa Florio.

Und zum anderen in der Via Pietro Micca, gegenüber der Kirche San Tommaso, der Palazzo Bellia.

Jugendstil Turin Via Bertola
Jugenstil Turin Via P. Micca

Die „Esposizione Internazionale d’Arte Decorativa Moderna“ von 1902 war ein Wendepunkt für die Verbreitung des Jugendstils in Turin. Diese Ausstellung zog internationale Aufmerksamkeit auf sich und brachte die Arbeiten führender Jugendstil-Künstler und -Architekten zusammen.

Der Name Liberty ist vom Londoner Kaufhaus, das von Arthur Lasenby Liberty gegründet wurde, abgeleitet. Die dort angebotenen Stoffe mit den neuen Jugendstil-Mustern wurden stilbildend.

Etwas entfernt, im Norden vom Zentrum findet sich eine ganze Reihe von Liberty-Gebäuden. Ein Spaziergang hier kann sehr gut mit einem Besuch von Campidoglio verbinden werden. Es empfiehlt sich dann folgende Strecke, die auch eine gewissen Steigerung der Qualität der Fassadengestaltung enthält.

Der Start sollte in der Via Luigi Cibrario am Krankenhaus Maria Vittoria beginnen und der Strasse folgen, bis fast zum Schluss, bis zur Einmündung der Via Pifetti. Die geht es dann wieder ein Stück zurück bis zur Nr. 20 und dann geht’s weiter zum Corso Francia und dort links, Richtung Piazza Statuto. Die Adresse sehen Sie, wenn Sie auf das Bild klicken.

Via Cibrario

Via Cibrario 52
Via Cibrario 65
Via Cibrario 58

Via Pifetti

Corso Franchia

Hier finden sich mehrere der bekanntesten Gebäude, der Palazzo della Vittoria, die Villino Raby und die Casa Fenoglio La Fleur

Palazzo della Vittoria, Corso Franchia 23
Villino Raby, Corso Francia, 6
Casa Fenoglio La-Fleur, Via Principi d’Acaja, 11

Der nächste Liberty-„Hotspot“ findet sich im Borgo Crimea. Hier lohnt sich besonders ein Rundgang Ende Mai und Anfang Juni, da zu der Zeit die vielen Jasmin-Hecken der Gärten blühen und man den Duft in den Strassen riecht.

Am bekanntesten ist die Villa Scott (Corso Giovanni Lanza 57).

Auf dem Weg zurück gibt es noch weitere interessante Gebäude zu entdecken, z.B. in der Via Pasquale Stanislao Mancini und der Via Martiri della Liberta.

Via Pasquale Stanislao Mancini 22
Via Pasquale Stanislao Mancini 21
Via Martiri della Liberta 15
Via Martiri della Liberta 26

Es waren reiche Industrielle, die ihre Häuser im neuen Stil bauen ließen und somit den Liberty-Stil verbreiteten.

Es gibt eine viele andere Orte in Turin mit Jugendstilhäusern. U.a. in San Salvario, in Crocetta, oder in Cenisia. Jugenstil-Elemente gibt es im Cafè Mulassano, bei Baratti&Milano, in der Galleria Subalpina, etwas außerhalb im Villagio Neumann… Die Liste könnte noch umfangreich verlängert werden. Auch hier gilt: „Turin – ein vestecktes Juwel“

Praktisches

Wo Übernachten?

Ein weiterer Vorteil, dass Turin ein verstecktes Juwel ist, sind relativ niedrige Übernachtungspreise. Absolut zentral mit atemberaubendem Blick auf die Piazza Castello (und die Berge) oder auf die Via Po (und die Mole Antonelliana) liegt das kleine, privat geführte B&B „Colazione in Piazza Castello“ (Piazza Castello 9). 2 liebe- und geschmackvoll eingerichtete, moderne kleine Apartments zu günstigen Preisen. Die Gastgeber wohnen im Haus und sind jederzeit ansprechbar und behilflich für Tipps oder Sehenswürdigkeiten.

Da das B&B im obersten Stockwerk (mit Lift!) liegt, ist es trotz der zentralen Lage ruhig. Wer lieber in einem der vielen Cafès in der Nähe frühstücken möchte, braucht das Frühstück nicht zu buchen.

Etwas außerhalb des Stadtkerns (jeweils ca. 15 Min. zu Fuß zur Piazza Castello oder zur Mole) im Stadtteil Vanchiglia gelegen ist das B&B Loft 19 (Via Mantova 19). Wenige Zimmer in einem alten Fabrikgebäude stylisch und modern eingerichtet. Auch hier wohnen die Gastgeber im Haus. Man fühlt sich wie zu Besuch bei Freunden – so nett wird man umsorgt. Für die etwas weitere Entfernung zum Stadtkern wird man entschädigt durch absolute Ruhe, eine ganze Reihe Cafès, sowie Restaurants für den Aperitivo oder das Abendessen und die Teilnahme am täglichen Leben der Turiner.

Wer eine Ferienwohnung bevorzugt, wird bei Wonderful Italy fündig. Das ist ein italienischer Vermittler, der Ende der 10er-Jahre gegründet wurde. Ein Apartment befindet sich direkt an der Porta Palazzo mit Blick auf den Markt: „Uno sguardo su Porta Palazzo„.

Morgens das Frühstück in der Bar, mittags auf dem Markt die Zutaten für’s Essen kaufen (frische Pasta, Gemüse, Obst, Gewürze…) – was gibt es Besseres. Wer einen leichten Schlaf hat, wird möglicherweise den Aufbau des Marktes mitbekommen. Das hat aber Vorteile: der Tag ist länger und Frühstück in den Bars gibt es ab 6:30 Uhr.

Die zweite Wohnung befindet sich in einem großen Palazzo in der Via San Massimo (Casa Carlina nel Palazzo Roero). Auf der anderen Seite des Palazzos ist die Piazza Carlo Emanuele II mit vielen Cafès – auch für den Aperitivo. Das Apartment ist 2023 neu hinzugekommen, also ganz modern. Der Palazzo ist edel und tiptop. Auch in der Via S. Massimo gibt es Aperitivo. Wer geräuschempfindlich ist, geht einfach später abends einen Aperitivo trinken – und schläft dann wundervoll.

In Vanchilia liegt Casetta Azzurra, ein Apartment, das über Airbnb vermietet wird. Das Apartment ist modern eingerichtet, vom Balkon sieht man die Mole und der Kontakt erfolgt direkt mit der Vermieterin. Hier gibt es auch Cafès in der Nähe, aber die Strasse, in der das Apartment liegt, ist absolut ruhig.

Wer um die 300 EUR pro Nacht ausgeben möchte und dafür in großzügigen modernen Räumen residieren möchte, vielleicht im schönen Innenhof frühstücken oder den Aperitivo nehmen möchte: Hotel Opera35, Via della Rocca, 35. Allerdings ist man – wie in den meisten teuren Hotels in einer Blase und weit weg vom italienischen Alltag.

Anreise

Mit dem Auto

Es lohnt sich, auf der Webseite vom Tunnel durch den Kl. San Bernadino nachzusehen, wie die Verkehrssituation ist, da die Schweizer gerne verlängerte Wochenenden in Italien verbringen und es dann zu Wartezeiten kommen kann.

 Auch in Turin gibt es eine ZTL in der gesamten Innenstadt zwischen Porta Susa im Norden, Piazza Vittorio in Süden, Porta Palazzo im Osten und Porta Nuova im Westen wochentags (ohne Samstag) von 7:30 Uhr bis 10:30 Uhr. Auf der Straße einen Parkplatz zu finden, ist in dieser Zone ohnehin seltener als ein Lottogewinn. Aber es gibt gute Parkhäuser (z.B. an der Piazza Vittorio – Zufahrt nicht in der ZTL, großzügung und hell; bei der Porta Palazzo – Parcheggio PORTA PALAZZO | APCOA Corso XI Febbraio, 3a, auch großzügig und hell; Regio Parking im Corso Regio Parco 39 in Aurora an der Grenze zu Vanchiglia).

Etwas außerhalb des Zentrums gibt es von der Turiner Verkehrsgesellschaft (Gruppo Torinese Trasporti, GTT) eine ganze Reihe von recht günstigen Parkhäusern. Eine Übersicht findet sich hier.

Öffentliche Verkehrsmittel

Die öffentlichen Verkehrsmittel in Turin sind sehr gut. Auto fahren in der Stadt macht daher keinen Sinn. Das Ticket kostet 1,90 EUR, das Tagesticket 4,50 EUR. Kaufen kann man die Tickets am besten in den Trafiken (Sali e Tabacchi). Automaten an den Haltestellen und in den Bahnen und Bussen gibt es nahezu nicht. In manchen Bussen und in der U-Bahn kann man die Kreditkarte als Ticket nutzen. Zu empfehlen ist, die App TOMove herunterzuladen und sich dort ein Tagesticket zu kaufen. Über die App kostet das Tagesticket nur 3,90 EUR, die Einzelfahrkarte 1,70 EUR. Es kann sein, dass man die App erst in Italien laden kann. Der Ticketkauf erfordert zwei Schritte: Ticket kaufen und Ticket aktivieren. Nicht aktivierte Tickets werden nicht anerkannt. In der U-Bahn gibt es spezielle Schranken für die elektronischen Tickets (gelb markiert). Hier kann man die QR-Code vom Handy an den Leser halten.

Einen Vorgeschmack auf Turin können Sie sich bei diesem WDR-Beitrag holen.

Das Haus Savoyen

Nachdem Turin die Stadt der Savoyer ist, hilft ein kleiner Beipackzettel, um die verschiedenen Emanueles, Albertos usw. auseinander zu halten.

Überspringen wir das Mittelalter und fangen mit dem 16. Jahrhundert an. Emanuel Philibert („Eisenschädel“) schaffte es, das in den Streitereien zu Beginn des Jahrhunderts verloren gegangene Herzogtum Savoyen wieder zu erlangen. Dabei half ihm eine schlagkräftige Armee, die auch dafür sorgte, dass Savoyen, außer Venedig, das einzige italienische Gebiet war, das auf internationaler Ebene noch Gewicht hatte und nicht so leicht dauerhaft annektiert werden konnte. Das blieb tatsächlich bis ins 19. Jahrhundert so. 

1563 verlegte Emanuel Philibert die Hauptstadt des Herzogtums von Chambéry nach Turin.

Nachfolger von Emanuel Philibert war Karl Emanuel I, der Große. Er heiratete Catalina von Spanien. Emanuel versuchte, zusätzliche Gebiete zu gewinnen, scheiterte aber letztlich, so dass Kardinal Richelieu kurzerhand Savoyen Piemont einnehmen ließ. Nach Emanuel Philiberts plötzlichem Tod übernahm den Scherbenhaufen Viktor Amadeus I. Nach nur 7 Jahren Regierungszeit verstarb auch er.

Cristina von Frankreich

Seine Frau Christina von Frankreich (Schwester von Ludwig III) übernahm.  Es gab Stress mit den jüngeren Brüdern von Viktor Amadeus I. Richelieu versuchte, Ordnung zu machen, aber einer der Brüder, Thomas, zettelte mit einem Söldnerheer den Piemontesischen Bürgerkrieg an. Christina gewann mit Hilfe der Franzosen. Sie war es, die 1645 den Auftrag für die Errichtung des Palazzo Reale gab.

Karl Emanuel II

Karl Emanuel II. übernahm nach dem Tod seiner Mutter.

Viktor Amadeus II

Ihm wiederum folgte Viktor Amadeus II. nach. Seine Regierungszeit dauerte 46 Jahre bis 1730. Respekt. Er heiratete 1684 Anne Marie d’Orléans, eine Nichte von Ludwig XIV. Trotz dieser Verbindung gab es jede Menge Zoff mit Frankreich.

1690 verbündete er sich mit den Österreichern und Spaniern, wurde aber von den Franzosen geschlagen. Die besetzten Teile seines Gebietes und er fiel daraufhin in der Dauphiné ein. Das ging nicht gut und er musste klein beigeben. Als hätte das nicht gereicht, lief er im Spanischen Erbfolgekrieg zu den Österreichern über. Frankreich und Mailand belagerten Turin.

Aber Viktor siegte, auch dank seines Cousins Eugen von Savoyen. Schließlich profitierte er sogar vom Frieden von Utrecht, der den Spanischen Erbfolgekrieg beendete. Savoyen erhielt das Königreich Sizilien. 1720 wurde dann im Vertrag von Den Haag mit dem Habsburger Karl VI Sizilien gegen Sardinien getauscht. Damit waren die Savoyer Könige von Sardinien.

Viktor Amadeus baute das Schloß Stupinigi und die Basilika Superga.

Karl Emanuel III

Viktor Amadeus machte schließlich freiwillig seinem Sohn Karl Emanuel III Platz. Der war auch in eine Reihe von Auseinandersetzungen verwickelt, zog es aber schließlich vor, sich um sein Land zu kümmern. Er engagierte Jean-Jaques Rousseau, um in einem Katasteramt Pläne des Herzogtums zu erstellen.

Viktor Amadeus III.

Der nächste war Viktor Amadeus III. In der Französischen Revolution hielt er zu den Royalisten. Wir wissen, dass das ein Fehler war. Savoyen wurde von den Revolutionären kurzer Hand zum 84. Département von Frankreich erklärt. Nizza wurde daraufhin besetzt und nach einer Volksabstimmung Frankreich zugeschlagen.
Zunächst halfen noch die Österreicher, Piemont zu erhalten. Dann räumte Napoleon auf. Viktor Amadeus behielt die italienischen Gebiete, Savoyen wurde Frankreich ein verleibt.

Karl Emanuel IV. war der Nächste. Er musste nach Sardinien ausweichen, weil die Franzosen wieder das Piemont besetzten. Er versuchte, in Livorno zu landen. Aber Napoleon beendete den Ägypten-Feldzug, kam zurück, besiegte Karl Emanuel und gründete die Repubblica Subalpina, die faktisch Frankreich angegliedert war.

Viktor Emanuel I

Nun kam Karl Emanuels Bruder, Viktor Emanuel I ans Ruder. Der Wiener Kongress nach Napoleons Fall machte alles wieder gut. Viktor Emanuel I. erhielt seine Ländereien zurück und als Dreingabe noch das Herzogtum Genua.

Die Adeligen wurden wieder in Ihre Pfründe eingesetzt. Viktor Emanuel I trieb es mit der Restauration aber gar zu bunt, so dass es einen Aufstand der „Carbonari“ gab und er schließlich zu Gunsten seines Bruders Karl Felix abdankte.

Karl Felix

Wie das so ist, wenn man nicht da ist (sondern in Modena), passieren Dinge, die man nicht gut findet. Adlige und Volk baten Karl Albert (Neffe von Viktor Amadeus I.), den Job zu übernehmen. Aber mit Hilfe der Österreicher kam Karl Felix schließlich doch an die Macht.

Während er sich sonst nicht mit Ruhm bekleckerte (Schule und Studium waren nur den Reicheren vorbehalten), kaufte er eine große Sammlung ägyptischer Kunstgegenstände, die später die Basis des Ägyptischen Museums bildeten. Er starb 1831 als Letzter der Savoyischen Hauptlinie.

So kam Karl Albert ans Ruder. Grundsätzlich liberal, setzte er allerdings zunächst die Restauration fort. Erst mit der Zeit besann er sich. Nach 1848 erließ er das Statuto Albertino. Obwohl diese Verfassung aufoktroyiert wurde und den König als höchste Instanz sah, tolerierten die Savoyer allerdings vom Parlament unterstützte Regierungen. Das Königreich wurde eine konstitutionelle Monarchie. Und das war einer der Schritte, die zum Risorgimento führten.

Nachdem militärische Auseinandersetzungen mit Österreich scheiterten (Karl Albert unterstützte die Aufständischen), er zurück und Viktor Emanuel II, sein Sohn, kam an die Macht. Viktor Emanuel II. war der Held der Italienischen Einigung. Wenn Sie mehr über das Risorgimento lesen wollen, klicken sie hier.

Der nächste in der Reihe ist Umberto I. Sein Hobby war der Kolonialismus.1900 wurde er von einem Anarchisten erschossen.

Jetzt war sein Sohn Viktor Emanuel III. dran. Er war der letzte Regent vor der Auflösung der Monarchie in Italien. Schon während der Herrschaft der Faschisten hatte er nichts mehr zu sagen.