Mantua, Kunststadt und "Phygital City"

Mantua, Kunststadt und „Phygital City“

Claudio Monteverdi lebte hier, Andreas Hofer wurde hier hingerichtet, die Oper Rigoletto spielt hier. Das ist doch was. Auch wer auf solche Bezüge keinen Wert legt, wird den Aufenthalt in Mantua genießen. Etwas abseits der Touristenströme, mit viel Lebensart und ausreichend Sehenswürdigkeiten ist Mantua eine echte Perle.

Geschichte

Wahrscheinlich von Etruskern gegründet, im hohen Mittelalter zu Canossa gehörig und vom frühen 14. Jahrhundert bis zum frühen 17. Jahrhundert von den Gonzaga beherrscht, danach ein Spielball von Frankreich und Österreich, kam Mantua 1866 zu Italien.

Geprägt wird das Stadtbild noch heute vielerorts durch die Gonzaga. Zunächst als „Vikare“ des Kaisers (Capitano del popolo), dann, ab 1433, als Markgrafen und schließlich als Herzöge im Gefolge der Habsburger mit Reichsunmittelbarkeit  hielten sie sich 300 Jahre an der Macht, holten Künstler, u.a. Pisanello und Mantegna, in die Stadt und bauten den riesigen Komplex des Palazzo Ducale.

Das war schon eine Leistung, sich gegen das nahe und deutlich größere Mailand im Westen oder gegen die Este im Südosten zu behaupten. Wirtschaftlich hilfreich war als Transportweg der Fluss Mincio, ein Seitenfluss des Po, und die Lage an der Straße, die über den Brenner nach Norden führte.

An eine Vergrößerung des Gebietes war nicht zu denken. Vielmehr musste man sich mit den Nachbarn gut stellen. Mailand leistete man Militärhilfe, mit den Este und anderen Familien in Italien und mit Promis im Reich, verband man sich durch Heiraten.

Ein Beispiel: die Heirat von Ludovico III. mit Barbara von Brandenburg 1433. Barbara war mit dem Kaiser und den Brandenburgischen Kurfürsten verwandt, also eine echte Größe. Sie führte in der Abwesenheit ihres Mannes die Geschäfte und war nach dessen Tod Regentin von Mantua.

Deren Tochter, ebenfalls eine Barbara heiratete Eberhard im Bart, zunächst Graf, später Herzog von Württemberg. Barbara brachte italienische Kultur nach Stuttgart. Von ihr sind Briefe erhalten, die zeigen, dass sie ihre Heimat vermisste. Nach dem Tod ihres Mannes zog sie sich nach Böblingen zurück. Bedauernswert.

Wer gründete das Wiener Staatsballett? Eleonore von Gonzaga, Frau des österreichischen Kaisers Ferdinand II. Sie brachte italienische Kultur an den Wiener Hof und auch Musikanten und Tänzer. Kein Wunder, hatte doch Monteverdi seine Oper L’Orfeo 1607 in Mantua uraufgeführt. Um Ihrem Mann eine Freude zu machen, organisierte sie im August 1622 im Rahmen der ausgedehnten Feierlichkeiten zur Hochzeit einen Musik- und Tanz-Event. Das fand der Kaiser so nett, dass er sich Wiederholungen wünschte.

Noch eine zweite Gonzaga, die ebenfalls Eleonore hieß und die Großnichte von Eleonore I. war, wurde Kaiser-Gemahlin, diesmal von Ferdinand III. Ferdinand war 20 Jahre älter als Eleonore II. und verstarb 6 Jahre nach der Eheschließung. Eleonore blieb in Wien und tat sich als Mäzenin hervor. So veranlasste sie z.B. die Erweiterung der Hofburg um den Leopoldinischen Trakt oder pflegte die Oper, die ihre Vorgängerin nach Wien gebracht hatte.

Palazzo Andreani

Typisch wienerisch morbid muss man drei Orte besuchen, um die Gräber von Eleonore II. zu sehen. Sie wurde nämlich getrennt bestattet, in der Kapuzinergruft (Körper), in der Loretokapelle der Augustinerkirche (Herz) und der Herzogsgruft im Stephansdom (Eingeweide).

Einen kulturellen Boost hatte Vincenzo I. (1562-1612), der Vater von Eleonore I., in Mantua ausgelöst. Er holte nicht nur Monteverdi für 22 Jahre und Tasso nach Mantua, sondern auch Rubens, der 9 Jahre lang Hofmaler war und hier seinen Durchbruch erlebte. Im Wallraf-Richartz-Museum hängt Rubens‘ „Selbstbildnis im Kreise der Mantuaner Freunde“. 

Abgebildet sind (vielleicht) Frans Pourbus (ein flämischer Maler),   nicht sicher Caspar Schoppe (ein Philologe und wüster Publizist der Gegenreformation), auch nicht sicher, Guillaume Richardot (Sohn des Vorsitzenden des geheimen Rats der Habsburgischen Niederlande), Rubens‘ Bruder  Philip, und  Justus Lipsius, ein Humanist und Philosoph, nebenbei Netzwerker in Rom, der die Rubensbrüder und Richardot unterstützte.

Was sich sofort für Rubens auszahlte, da er durch diese Verbindung den Auftrag erhielt, in Rom das Bild der heiligen Helena bei der Auffindung des Kreuzes in der Kirche Santa Croce in Gerusalemme zu malen. Dafür hatte er auch das Plazet für eine Verlängerung seiner Romreise aus Mantua erhalten. Und er hatte sich gegen Caravaggio durchgesetzt.
Nach Mantua zurückgekehrt, schickte ihn der Herzog mit Geschenken in diplomatischer Mission zu König Philipp III. nach Spanien. Wieder in Mantua, malte Rubens drei Gemälde für die Jesuitenkirche.  

1628, 16 Jahre nach dem Tod von Vicenzo I., kam die Katastrophe des Mantuanischen Erbfolgekrieges. Vincenzo II., der letzte männliche Spross der Mantuaner Gonzaga  – und ohne männlichen Nachkommen – verheiratete auf dem Sterbebett seine Tochter mit Carlo II. von Gonzaga-Nevers und Rethel – einer französischen Nebenlinie. So hoffte er, dass Carlo II. sein Nachfolger in Mantua werden würde. Frankreich fand das gut, Habsburg nicht.

Ferdinand II. (dessen Frau, wie wir wissen, Eleonore von Gonzaga war) wollte Mantua als Reichslehen einziehen, um es dann an die andere Nebenlinie Gonzaga-Guastalla, die zu Spanien hielten, zu vergeben. Mit von der Partie war auch noch der Herzog von Savoyen, Karl Emanuel I, der ein Auge auf das Herzogtum Montferrat geworfen hatte, das den Mantuaner Gonzaga gehörte.

Als nun Carlo II. den Kaiser um die Investitur von Mantua bat, besetzte Karl Emanuel Montferrat. Mailand, das damals spanisch war, unterstützte Karl Emanuel. Jetzt griffen Ludwig XIII. und Richelieu ein und nahmen persönlich an der Belagerung des savoyischen Susa teil.

Dann mischte auch der Kaiser mit und belagerte Mantua zweimal. 1630 wurde die Stadt von den Habsburgern im „Sacco di Mantua“ geplündert. Alles was Wert hatte, wurde mitgenommen. Den Schweden war’s zu danken, dass es zu Friedensverhandlungen kam. Durch die Beteiligung Schwedens am dreißigjährigen Krieg brauchte Ferdinand II. seine Kräfte nördlich der Alpen und wollte Ruhe in Italien. Mantua war allerdings so geschwächt, dass es politisch keine Rolle mehr spielte.

Diese kleinen Schlaglichter sollen genügen, um die damalige kulturelle und politische Vernetztheit und Bedeutung von Mantua zu zeigen.

Mantua ist eine Renaissance-Stadt und Weltkulturerbe, war 2016 Kulturhauptstadt und nennt sich die erste „Phygital City“ Italiens. „Phygital“ ist laut Webseite der Stadt „das Zusammenwirken zwischen physischer Erfahrung und digitaler Erfahrung, d.h. eine Technologie, die in der Lage ist, den Benutzern über digitale Kanäle eine neue Art der Wechselwirkung mit der Stadt anzubieten. Eine Erfahrung, mit der Bürger, die ihnen gewidmeten Dienstleistungen nutzen und einen direkten Draht zu Stadt, Verwaltung und den Dienstleistungen haben können und mit der Touristen die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten auf eine neue und individuelle Art besuchen können.“

Anreise, Weg ins Zentrum

Wer die Sehenswürdigkeiten in Ruhe anschauen will – der Palazzo Palazzo Ducale ist der sechstgrößte Palast in Europa und hat die Dimensionen der Münchener Residenz, immerhin das größte Stadtschloss Deutschlands – und etwas am Leben in der Stadt teilnehmen möchte, sollte mindestens zwei Tage einplanen.

Wo übernachten? Wer in einem alten Palast wohnen möchte, und mit Teppichen und etwas schwülstigen Möbeln klar kommt: Palazzo Arrivabene. Oder soll‘s ein 4-Sterne-Design-Hotel sein? Hotel Casa Poli. Ein schönes – und günstiges – B&B ist das Casa del Teatro.

Mantua ist mit dem Zug gut zu erreichen. Von Verona fährt die Regionalbahn 45 Minuten, von Mailand 2 Stunden. Wer mit dem Auto kommt, kann (kostenpflichtig) an der Stadtmauer an der Viale Mincio parken (im Nordostende der Altstadt, nicht weit vom Palazzo Ducale) oder z.B. im Parkhaus Mazzini (Via Giuseppe Mazzini 9, im Süden der Altstadt).

Sant'Andrea

Die Umgebung des Bahnhofs ist etwas gesichtslos. Wer nicht zu Fuß gehen möchte, kann mit dem Ringbus z.B. zur Piazza delle Erbe fahren. Wer den Fußweg nicht scheut: gegenüber vom Bahnhof zweigt die Piazza Don Eugenio Leoni (benannt nach einem Kaplan, der von den Nazis 1943 erschossen wurde) ab. Rechts geht’s dann in die Via Ivanoe Bonomi (benannt nach einem Politiker) und dann am Corso Vittorio Emmanuele II links.

Wir gelangen zur Piazza Felice Cavalotti (ein Politiker, der sich Garibaldis Zug der Tausend angeschlossen hatte. Er war offenbar recht streitbar, da er in eine größere Zahl von Duellen involviert war, das letzte davon endete für ihn tödlich). Hier steht das Teatro sociale. Und hier beginnt der Corso Umberto I mit schönen Arkadengängen und Geschäften.

Und so gelangen wir schließlich zur Pizza Mantegna  und zur Piazza delle Erbe – und sind im Zentrum angekommen.

Vom Parkhaus führt der Weg durch schöne Geschäftsstraßen, zunächst durch die Via Mazzini. Die Straße führt zu einem kleinen Platz, mit Grünfläche, Cafès und dem  Campanile di San Domenico, alles was von Kirche und Kloster der Dominikaner noch übrig ist. Die Bruderschaft des Heiligen Kreuzes war ab 1300 in der Kirche tätig gewesen, um das Inquisitionsbüro zu unterstützen, das 1568 in einem eigens daneben errichteten Gebäude untergebracht wurde. Das Tribunal wurde 1782 aufgelöst. Die Kirche wurde 1925 im Rahmen der Stadterneuerung abgerissen.

Gleich dahinter sind die Pescherie di Giulio Romano von  1536 und der Rio. Die Pescherie dienten, man ahnt es kaum, dem Fischhandel. Die Fischhändler befanden sich zu beiden Seiten der mittelalterlichen Brücke, die den Rio überspannte, ein Wasserlauf, der die Stadt vom Oberen bis zum Unteren See durchquert. Es gab eine Verbindung zum Schlachthaus, den Beccherie, das zwischen den Brücken Pescherie und San Silvestro gebaut wurde. Der Schlachthof wurde 1872 abgerissen, wodurch eine Fußgängerpassage entstand. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war es auch mit dem Fischhandel hier vorbei.

Benannt sind die Pescherie nach ihrem Baumeister, der auch den Palazzo die Te entwarf. Romano war außerdem noch Maler. Er schuf Fresken im Palazzo Ducale und im Palazzo di Te. Seine Bilder hängen außerdem u.a. in den Stanzen des Raffael im Vatikan, im Petersdom – und in Dresden in der Galerie Alte Meister. Vasari hat ihm ein Kapitel seiner Künstler-Biographien gewidmet.

Dort ist beschrieben, mit welchen Tricks Federico II. Romano in Mantua fest- und von Rom oder Augsburg abhielt. Wohnung, kräftiges Salär, freie Verpflegung für ihn und zwei Schüler, schöne Stoffe und schließlich ein Pferd namens Ruggieri. Und er beschäftigte Romano: Ausgestaltung des Palastes, Verschönerung und Sicherung der Stadt, Entwürfe für Kupferstiche und Wandteppiche….
Romano war ein Schüler Raffaels, wurde 1524 nach Mantua geholt und brachte die von Raffael praktizierte Werkstattorganisation mit (der er damit auch zum Durchbruch verhalf). Federico Gonzaga hatte ihn und auch Michelangelo und Raffael in Rom kennengelernt, wo er seine Kindheit und Jugend als Geisel verbrachte. Man kann sich Schlimmeres vorstellen.

Jetzt gehen wir aber weiter durch die enge Via Orefici mit vielen Geschäften.  Diese mündet in die Via Giovanni  Battista Spagnoli, Mönch und Dichter (1447 bis 1516). Er schrieb dreimal so viele Verse wie Dante. Er war – erst recht nach seinem Tod – ein Bestseller-Autor und wird sogar von Shakespeare zitiert. Am 5. Dezember wird bis heute eine Messe zu seinem Andenken gelesen.

An der Piazza Concordia geht’s zum Schluss ein kleines Stück links – und wir sind auch an der Piazza delle Erbe.

Jetzt erst einmal einen caffé, z.B. in der kleinen Bar Matilda. Alles im Blick: Sant’Andrea-Kirche, die Rotonda di San Lorenzo, den Uhrturm … Da liegt das Besichtigungsprogramm vor uns.

Piazza delle Erbe

Rotunda San Lorenzo, Mantua

Wir starten mit der Rotonda di San Lorenzo. Im 11. Jahrhundert, wahrscheinlich auf Veranlassung von Mathilde von Tuszien/Canossa gebaut. Ein schlichter zweistöckiger romanischer Rundbau. Das Obergeschoss war früher den Frauen vorbehalten. Dort gibt es noch Reste von Fresken zu sehen.

Zur Entstehung gibt es Vermutungen (Bau an der Stelle eine römischen Tempels oder Kapelle eines zerstörten Palastes).  Im 16. Jahrhundert wurde sie für den Gottesdienst geschlossen und die die neue Bebauung integriert. Erst 1908 wurde die Kirche wiederentdeckt und restauriert. Die Kuppel musste rekonstruiert werden.

Palazzo della Ragione

Direkt daneben steht der Palazzo della Ragione mit Uhrturm aus dem 13. Jahrhundert. Das Erdgeschoss diente als Markthalle und Gerichtssaal. Im großen Raum im Obergeschoss (dort sind noch mittelalterliche Fresken erhalten) wurden Ratsversammlungen abgehalten. Um 1700 wurden die Außenwände des Erdgeschosses zugemauert. In den Räumen sind jetzt Gaststätten.

Ein Stück weiter steht der Palazzo del Podestà, ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert, der nach dem Erdbeben von 2012 umfassend renoviert wird. Der Palast bestand aus mehreren Gebäuden, u.a. ein altes befestigtes Haus und Wiederaufbauten nach einem Brand im Jahr 1241. 1413 brannte der Palast wieder ab. Es folgten der erneute Wiederaufbau und mehrere Umbauten. Das Gebäude diente der Stadtverwaltung und für Händler.

Wer jetzt eine Stärkung braucht, findet unter den Arkaden eine ganze Reihe von Restaurantplätzen mit recht guter, regionaler Küche, z.B. im Pierrot.

ant'Andrea, Mantua

Weiter geht’s mit der Kirche Sant’Andrea. Im 15. Jahrhundert von Ludovico Gonzaga beauftragt und von Alberti begonnen, als Heimat einer Heilig-Blut-Reliquie. Die als Reihe von Kapellen gestalteten Seitenschiffe waren stilbildend für die Spätrenaissance und den Barock. Die Kirche wurde im 18. Jahrhundert noch einmal umgestaltet. Hier finden sich Bilder und das Grab von Andrea Mantegna.

Piazza Sordello

Hier stapeln sich die Top-Sehenswürdigkeiten.

Bevor wir durch den Voltone di San Pietro gehen, schauen wir noch schnell links hoch zum Torre della Gabbia. Er stammt aus der Zeit vor den Gonzaga und wurde von der Familie Acerbi gebaut und später an die Bonacolsi verkauft. Guglielmo Gonzaga ließ 1576 den Turm in ein Gefängnis umbauen, mit einem großen hängenden Eisenkäfig. Mit den Maßen 2x2x1 m war es kein angenehmer Ort. Ein Taschendieb soll 3 Monate dort eingesperrt worden sein. Daher stammt auch der heutige Name. Der Turm ist 75 Meter hoch.

Nun gehen wir aber durch das ehemalige Stadttor Voltone di San Pietro. Es ist eines der drei Tore, die, als Teil des ersten Mauerrings, schon in der Antike den Zugang zur Piazza San Pietro (heute Piazza Sordello, benannt nach dem Dichter Sordello da Goito), dem damaligen Zentrum von Mantua, erlaubten. Pinamonte dei Bonacolsi wollte seinen befestigten Fürstenhof innerhalb der Altstadt errichten. Zunächst wurden mehrere Gebäude erworben. Die verschiedenen Gebäude waren durch eine Brücke verbunden, die Giovanni Battista Bertani im 16. Jahrhundert überdachte und die später „Voltone di San Pietro“ genannt wurde.

Piazza Sordello, Mantua

Wir kommen auf den großen Platz, der die Stadtgrenzen von der römischen Zeit bis zum Mittelalter nachzeichnet. Die Verbindung vom Voltone di San Pietro zum Dom, geradeaus, am Ende des Platzes entspricht dem römischen Decumanus, der Cardo lag wohl auf der Höhe der Via Cairoli.

Die Gonzaga machten den Platz zur Bühne für die Zurschaustellung ihrer Macht. Hauptsehenswürdigkeiten sind der Herzogspalast, die Kathedrale, der Palazzo Castiglioni und der Bischofspalast. In der Südost-Ecke findet sich außerdem die Ausgrabung der Reste eines römischen Hauses aus dem dritten Jahrhundert n. Chr. mit schönen Mosaiken. Insgesamt wurden 7 Räume freigelegt.

Fangen wir mit dem Palazzo Castiglioni an der Südwestecke des Platzes an. Der Palast wurde Ende des 13. Jahrhunderts von Pinamonte dei Bonacolsi beauftragt.  Zu dem Komplex gehört auch der Torre della Gabbia . Die Familie Bonacolsi herrschte im 13. Jahrhundert über Mantua, bis am 16. August 1328 der letzte Bonacolsi, Rinaldo, durch einen Aufstand gestürzt wurde und die Gonzaga die Macht übernahmen.

Der ursprüngliche Palazzo Bonacolsi heißt heute „Palazzo Castiglioni“, nach der Familie, die ihn Anfang des 19. Jahrhunderts kaufte. Die Familie Castiglioni war seit dem 10. Jahrhundert eine der wichtigsten Adelsfamilien der Lombardei. Die meisten Mitglieder waren in Mailand beheimatet: Der mantovanische Zweig wurde 1440 von Baldassarre Castiglione gegründet, dem Großvater des gleichnamigen Autors des Buches Il Cortegiano, dem Diplomaten und Literaten (1478-1529).
Den kennen nur sehr Eingeweihte. Er wird aber mit Machiavelli und Ariost zu den bedeutendsten Schriftstellen der italienischen Renaissance gezählt. Il Castiglone/der Hofmann beschreibt das Ideal eines höfischen Mannes und wurde das Standardwerk für die höfische Gesellschaft.

Heute gibt es in dem Palast ein Luxushotel.

Ein Stück weiter steht der Palazzo Vescovile oder auch Palazzo Bianchi.  Ein Vorgängerbau wurde im Sacco di Mantua stark beschädigt und teilweise zerstört. Das heutige Aussehen des Palastes geht auf die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück, als er von Graf Guido Porta anstelle von zwei bereits bestehenden Gebäuden errichtet wurde. Der Graf verkaufte ihn 1756 an den Markgrafen Giuseppe Bianchi. Besonders sind eine große Treppe im Inneren und von Giuseppe Bazzani bemalte Gewölbedecken im ersten Stock. 1814 wurden ein Innenhof und eine Mansarde hinzugefügt und die Fassade des Palastes mit einem Wappen und Statuen klassischer Gottheiten geschmückt.

Der Palast wurde 1824 vom Markgrafen Alessandro Bianchi an die bischöfliche Diözese verkauft. Im Jahr 1967 richtete der Bischof Antonio Poma im Untergeschoss des Palastes einen Raum für das historische Archiv der Diözese ein. Heute beherbergt der Palazzo Bianchi die Residenz des Bischofs und die Büros der Kurie.

Und nun sind wir am Dom angelangt. Ursprünge stammen aus frühchristlicher Zeit. Mathilde von Tuszien baute an der Stelle eine romanische Kirche, von der noch der Glockenturm erhalten ist. Im 15. Jahrhundert erweiterte Francesco I. Gonzaga die Kirche. 1545 brannte der Dom ab. Der Wiederaufbau wurde lange unterbrochen, als der Architekt, Giulio Romano verstarb. Fertig gestellt wurde der Dom mit der heute noch vorhandenen Marmorfassade zwischen 1756 und 1761.

Der Innenraum ist in 5 Schiffe geteilt. In den beiden Seitenschiffen befanden sich Bilder von Veronese, der von 1548 bis 1555 in Verona lebte, und Giulio Campi, die heute nicht mehr hier zu sehen sind. So hängt z.B. das vermutlich berühmteste Mantuaner Bild von Veronese, die Versuchung des Hl. Antonius, heute im Musée des beaux Arts in Caen.
By the way: wie kommt das Bild nach Caen? Napoleon war‘s. Seine Siege in Italien nutzte er für ausgiebigen Kunstraub. Während viele Gemälde, die nach Paris gebracht worden waren, später zurückgegeben wurden, verblieben die Gemälde, die in die Provinz gebracht wurden, häufig in Frankreich.

Sehenswert sind ein frühchristlicher Sarkophag, die Fresken des Taufklosters (frühes 14. Jahrhundert), die Cappella dell’Incoronata und die Sakristei (Cappella dei Voti), mit dem von einem Schüler von Andrea Mantegna bemalten Gewölbe.

Wer sich gerne Gräber anschaut: hier liegen der Stadtpatron, der heilige Anselm, der Vater von Mathilde von Tuszien, Luigi Gonzaga, Urvater der Sippe und weitere ihrer Vertreter, diverse Bischöfe, Barbara von Brandenburg, Eleonore von Österreich (Frau von Guglielmo Gonzaga) und der Maler Giovanni Benedetto Castiglione.

Warum ist Anselm der Schutzpatron der Stadt? Anselm (Guglielmo) lebte im 11. Jahrhundert. Das führt uns mitten in den Investiturstreit. Mathilde von Tuszien (auch Mathilde von Canossa) war an der Vermittlung zwischen Kaiser Heinrich IV. (dessen Cousine 2. Grades sie war) und dem Papst beteiligt. Der Name sagt’s: es war Mathildes Burg, zu der der Kaiser kam. Anselm, damals Bischof von Lucca, wiederum kümmerte sich um Mathilde. 
Er war der unnachgiebige Verteidiger des Papstes und wurde deshalb vom Kaiser verbannt. Er zog sich unter den Schutz von Mathilde in die Abtei San Benedetto in Polirone zurück und wurde ihr geistlicher Berater. Später wurde er von Papst Gregor VII. wieder in sein Amt eingesetzt. Die Päpste Viktor III. und Urban II. wählten ihn zum päpstlichen Legaten in der Lombardei: Anselm verlegte seinen Wohnsitz nach Mantua (wiederum unter dem Schutz von Mathilde) und widmete sich der Durchsetzung der Prinzipien der gregorianischen Reform und engagierte sich gegen den Gegenpapst Clemens III.

Er starb am 18. März 1086 in Mantua. Mathilde ordnete, sehr zum Missfallen der Mantovaner, an, ihn unter dem Hochaltar der Kathedrale der Stadt zu bestatten. Wer’s gruselig mag: Jedes Jahr an seinem Todestag wird die seitliche Abdeckung des Hochaltars entfernt und der Leichnam des Heiligen zur Verehrung durch die Gläubigen sichtbar gemacht.

Hinter dem Dom gibt es noch die Casa di Rigoletto. Aus vagen Andeutungen im Libretto wurde abgeleitet, dass dieses Haus als Vorbild genommen wurde.

Und jetzt zur Hauptsehenswürdigkeit, dem Palazzo Ducale.

Palazzo Ducale

Passend zu Mantua als Phrygical City und um Ihnen ein kleines Ratespiel zu ermöglichen, habe ich zwei Teile des folgenden Textes durch ChatGPT  (https://chat.openai.com) erstellen lassen (Anweisung für den ersten Teil: „schreibe einen Text über den Palazzo Ducale in Mantua, seine Geschichte und Kunstwerke“). Versuchen Sie herauszufinden, welcher Teil des Textes von der künstlichen Intelligenz stammt.

Palazzo Ducale

Die ältesten Bereiche, an der Piazza Sordello gelegen, stammen noch aus der Zeit der Buonacolsi (14. Jahrhundert). Danach wurde das Castello di San Giorgio gebaut. Der Domus Nova kam 100 Jahre später, schon zur Zeit der Gonzaga) dazu.
Im Laufe der Jahre wurde es immer wieder erweitert und umgebaut, bis es schließlich zu dem imposanten Renaissance-Palast wurde, der es heute ist.

Das Palazzo Ducale beherbergt eine beeindruckende Sammlung von Kunstwerken, darunter Gemälde von berühmten Künstlern wie Andrea Mantegna und Peter Paul Rubens. Eines der bekanntesten Werke im Palast ist die Camera degli Sposi, ein Raum, der von Andrea Mantegna im 15. Jahrhundert mit Fresken versehen wurde und beeindruckende Illusionen von Tiefe und Perspektive enthält.

Ein weiteres Highlight im Palazzo Ducale ist die Sammlung von Skulpturen, die von berühmten Künstlern wie Jacopo Sansovino und Gianlorenzo Bernini geschaffen wurden.

Insgesamt ist der Palazzo Ducale in Mantua ein beeindruckendes Beispiel für Renaissance-Architektur und beherbergt eine Vielzahl von wichtigen Kunstwerken, die es zu einem unbedingten Besuch wert machen.

Hier sollen nur ein paar Punkte genannt werden. Einen schönen Vorgeschmack bietet dieses Video.

Der Palast lässt sich in mehrere Bereiche aufteilen: Corte Vecchia, u.a. mit dem Pisanello-Zimmer, der Wohnung von Isabella d’Este, die Räume Guastalla und der Kaiserin, Domus Nova, u.a. mit der Herzogswohnung, der Wohnung von Eleonore de Medici, Corte Nuova, die Pfalzbasilika, die Aeneas-Treppe und das Castello San Giorgio.

Mitte des 14. Jahrhunderts malte Pisano, genannt Pisanello, einen Freskenzyklus über die Ritter der Tafelrunde, der erst im letzten Jahrhundert entdeckt und freigelegt wurde  (Sala di Pisanello). Andrea Mantegna malte 10 Jahre lang die  Camera degli Sposi aus.

Isabella d’Este war eine bedeutende Persönlichkeit im Mantua des 15. und 16. Jahrhunderts. Sie war die Herzogin von Ferrara und Mantua und gilt als eine der einflussreichsten und kultiviertesten Frauen ihrer Zeit. Sie war eine echte Influencerin, sogar in Paris interessierte man sich über die Mode, die Isabella trug.

Isabella wurde 1474 in Ferrara geboren und heiratete im Alter von 13 Jahren den Herzog von Mantua, Francesco Gonzaga. Sie wurde schnell zu einer wichtigen politischen und kulturellen Führungspersönlichkeit in Mantua und setzte sich für die Förderung der Künste und Wissenschaften ein.

Isabella war eine begeisterte Sammlerin von Kunstwerken und setzte sich dafür ein, dass die Künstler und Künstlerinnen ihrer Zeit nach Mantua eingeladen wurden. Sie kannte berühmte Künstler wie Leonardo da Vinci und Andrea Mantegna und unterstützte sie bei ihrer Arbeit.

Sie war auch eine begeisterte Musikliebhaberin und unterstützte Komponisten und Musiker, Schriftsteller und Dichter. Isabella hatte starken Einfluss auf die Politik ihrer Zeit. Sie war auch eine begeisterte Diplomatin und nahm an vielen Verhandlungen und diplomatischen Missionen teil.

Sie leitete persönlich die Ausgestaltung der Räumlichkeiten der Corte Vecchia, die sie bezog. In der Verzierung der Wände erscheinen ihre Symbole und ihr Motto „nec spe nec metu“ („weder Hoffnung, noch Furcht“ – also ein furchtloses, selbstbestimmtes Leben, das keine Hoffnung erfordert –  eine schöne Ansage).

Und hier die Auflösung des kleinen Rätsels: durch ChatGPT wurden der größte Teil des Abschnittes über Isabella d’Este und der Abschnitt ab „Der Palazzo Ducale beherbergt…“ formuliert.

Informationen zum Palazzo gibt es hier und hier.

Spaziergänge

Nach so vielen Sehenswürdigkeiten ist es Zeit für Entspannung.

Piazza Virgiliana

Z.B. mit einem Spaziergang an den die Stadt umgebenden Seen bzw. am Mincio, etwa direkt hinter dem Palazzo Ducale am Lungo Lago di Mezzo. Andreas-Hofer-Verehrer gehen über die Ponte dei Mulini auf die andere Flussseite zur Cittadella.
Dort wurde Andreas Hofer, nachdem er von den Franzosen gefangen genommen war, am 20. Februar 1810 erschossen und dort wurde 2022 eine Gedenktafel errichtet.

Oder Sie gehen zum kleinen Park Piazza Virgiliana.

Wenn Sie noch ein kleines Juwel besichtigen möchten: Teatro Scientifico Bibiena

Das zwischen 1767 und 1769 errichtete Barock-Theater wurde von Antonio Galli Bibiena aus Parma entworfen für Vorlesungen, aber auch für Theateraufführungen und Konzerte. Die klassizistische Fassade wurde von Giuseppe Piermarini entworfen. Am 16. Januar 1770, kam der 14-jährige Mozart, auf seiner ersten Italienreise nach Mantua und gab dort mit seinem Vater Leopold ein Konzert. Wenn es sich ergibt, sollten Sie sich ein Konzert in dem Theater anhören.

Palazzo di Te

Im Süden der Altstadt steht der Palazzo di Te.

Federico II. Gonzaga ließ  1524 das Lustschloss bei den gräflichen Stallungen auf der Isola del Teito („Te“) außerhalb der Mauern bauen. Architekt war Giulio Romano,. Das kleine Schloss liegt inmitten eines Gartens. Es war ein Lustschluss, also ist auf den Gemälden von Romano im Inneren viel nackte Haut zu sehen. Heute nicht mehr Jedermanns Geschmack. Damals gefiel‘s den Leuten, u.a. auch Karl V. Sehr sehenswert, auch heute noch, ist allerdings der Sturz der Giganten mit der gemalten Kuppel, sowie das Casino della Grotta, eine kleine Folge von Privaträumen rund um eine Grotte und die Logetta, ein überdachter Balkon.

Vasari schrieb über die Sala dei Giganti, dass man kaum ein angsteinflößenderes und schreckenerregenderes Bild sehen könnte und dass man fürchte, alles würde auf einen herunterfallen. Tatsächlich ist der Saal mit seiner 3D-Wirkung beeindruckend.

Dass sich Gonzaga so ins Zeug legte, lag tatsächlich auch an Karl V., den er beeindrucken wollte. Als Karl V. im März 1530 zur Feier der Erhebung Gonzagas zum Herzog nach Mantua kam, lud ihn der Hausherr in diesen Palast ein. Es gab ein Festmahl, Paradepferde und man erging sich im Hof mit seinen Fischbecken.

Auch Andrea Doria in Genua hatte schwer auf den Putz gehauen. Seine Italienreise anlässlich seiner Kaiserkrönung brachte Karl V. 1529 auch nach Genua. Also wurde Perino del Vaga beauftagt,  den Palazzo del Principe mit Fresken auszumalen und auszustatten.

Lange hielt die Pracht des Palazzo di Te nicht. Im Zuge des Sacco die Mantua wurde auch dieser Palast geplündert. Der Palazzo Te und der Palazzo Ducale wurden allerdings schnell stilbildend für die europäische Hofkultur. Berichte aus der Zeit rühmen die Effekte und Überraschungen, die durch die Ausstattung der Paläste hervorgerufen wurden. Die Landshuter Stadtresidenz, genauer der italienische Bau, wurde nach dem Vorbild von Romeros Arbeiten gebaut.

Im Palazzo ist heute auch das Museo Civico untergebracht (mesopotamische und ägyptische Kunst, numismatische Ausstellung, Bilder von Federrico Zandomeneghi und Armando Spadini).

Die Stadt genießen

Mantua hat aber mehr zu bieten, als Besichtigungen.

Arkaden, Mantua

Schlendern Sie durch die Arkaden in den Strassen. Verkehrsberuhigt ist der Bereich zwischen der Via Cavour, der Piazza di Canossa, der Via Nievo, der Via Oberdan und der Via Roma. Hier finden sich auch typische und schöne Cafès:

Cafè Roma 43 (Via Roma 43), La Bottega del Caffè (Via Giuseppe Verdi, 26), Caffè Sociale (Piazza Felice Cavallotti 16), Albi Cafè (Via Camillo Benso Cavour 41).

Corso Umberto I
Torta delle Rose
Piazza delle Erbe

Eine Webseite mit wirklich allen Sehenswürdigkeiten findet sich hier:

Wer seine Bucket-list der Welterbestätten komplettieren möchte, ein Beispiel für Stadtplanung in der Renaissance sehen will, oder nur ein schönes Städtchen anschauen möchte: Sabbioneta.

Sabbioneta

Sabbioneta wurde zwischen 1554 und 1571 als Idealstadt errichtet.

Aachener Wissenschaftler haben Sabbioneta erforscht und haben versucht zu verstehen, welche Regelmäßigkeiten in dem eigentlichen unregelmäßigen Stadtraster stecken und sind dabei auf merkwürdige Erkenntnisse gestoßen. Die Stadt ist offenbar zentimetergenau geplant worden und auf den Fürsten ausgerichtet worden. So war sein Palast z.B. so ausgerichtet, dass er, wenn er an seinem Geburtstag zu seiner Geburtsstunde auf den Balkon trat, die Sonne hinter dem gegenüberliegenden Haus aufging. Das ist doch was.

Die Straßen und Plätze sollten ein Abbild von Staat und Gesellschaft sein. Die Architekten fanden, dass der Umriss der Stadt in ein theoretisches Quadrat  eingefügt ist, dessen Ecken in die 4 Himmelsrichtungen zeigen. Davon leiten sich auch Lage der Gebäude, der Stadttore, des Palazzo Ducale, der Kirchen, des Theaters und der Galerie ab, sowie die Hauptachsen aller Straßen und Plätze.

Beschrieben ist das in Jan Pieper, Daniel Buggert, Anke Fissabre, Caroline Helmenstein, Bernhard Niethammer und Bruno Schindler: Sabbioneta, Atlas-Verlag.

Mehr ist in dem Video zu sehen:

Der Name der Stadt soll sich vom lateinischen sabulum, Sand ableiten.